Das Biobrot wird nicht knapp

Während auch die Ökobauern der Region unter der Sommerdürre leiden, spüren die Berliner Konsumenten kaum etwas davon. Das Biofleisch könnte sogar billiger werden, weil die Bauern wegen Futtermangel ihre Bestände reduzieren müssen

von RICHARD ROTHER

Seit Tagen regnet es, und viele haben den Dürresommer fast schon wieder vergessen. Nicht so schnell vergessen werden ihn diejenigen, deren Einkommen stark wetterabhängig ist – dazu zählen insbesondere die Biobauern der Region. Trotz zum Teil erheblicher Ernteausfälle wird sich allerdings für die Berliner Bioverbraucher wenig ändern. Lieferengpässe drohen ebenso wenig wie erntebedingte Preisanstiege. Zum Teil ist sogar das Gegenteil der Fall.

Denn der dramatische Einbruch bei der Heuernte – bis zu 60 Prozent weniger Gras- und Grünfutter konnten wegen der Trockenheit gemäht werdern – lässt die Brandenburger Biofleischproduzenten heute schon mit Schaudern an den nächsten Winter denken. Ab Weihnachten schon könnte das Futter aufgefressen sein – wenn die Bestände nicht reduziert werden. Weniger Kühe im Stall bedeutet aber mehr Fleisch auf dem Markt – die Fleischpreise würden sinken.

Die Alternative, Grünfutter von anderswo einzukaufen, lohnt sich nicht. Der Nachbar litt schließlich genauso unter der Trockenheit, und Heutransporte über hunderte Kilometer hinweg, etwa aus dem diesjährigen Saftige-Wiesen-Land Schleswig-Holstein, sind einfach zu teuer. „Für die Bauern ist das schon ein Problem“, sagt Michael Wimmer, Sprecher der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau, die die Biobauern der Region betreut.

Problematisch sind auch die starken Ernteausfälle beim Getreide. Schuld daran war nicht nur die Dürre im Sommer, sondern vor allem die lange Trockenheit im Frühjahr. „Wir hatten rund 30 Prozent weniger als im Durchschnitt“, sagt Ackerbauer Stefan Palme, der in der Uckermark einen 1.000-Hektar großen Biobetrieb betreibt. Er habe allerdings noch Glück gehabt, da er relativ früh mit der Aussaat begonnen habe. Palme: „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen.“ Frühes Aussäen birgt zwar die Gefahr, Schäden durch späte Fröste hinzunehmen, lässt die Pflanzen, wenn es gut geht, aber auch früher reifen. Eine gewisse Trockenheit im Hochsommer ist für das Reifen von Getreide ohnehin sinnvoll.

Palme und andere Bioackerbauern haben aber noch eine andere Beobachtung gemacht. Sie litten weniger unter der Dürre als konventionell bewirtschaftete Betriebe, die die dürren Brandenburger Sandböden durch Düngung ertragreicher machen. Bleibt der teure Dünger mangels Regen wirkungslos, ist der finanzielle Verlust durch Ernteausfälle insgesamt größer, als wenn nicht gedüngt wird. Zudem konnten die biologisch bewirtschafteten Böden, die durch häufige Fruchtwechsel und Kleeanbau humushaltiger als konventionell bewirtschaftete sind, das bisschen Regenwasser etwas länger halten.

Den Berliner Ökobrot- und -schrippenessern können diese biochemischen und -physikalischen Zusammenhänge aber herzlich egal sein. „In Brandenburg wird deutlich mehr Biogetreide produziert, als Berlin verbrauchen kann“, sagt FÖL-Mann Wimmer. Engpässe drohen also nicht. Zudem macht der Anteil des Getreidepreises an einer Schrippe höchstens ein oder zwei Cent aus – selbst wenn das Korn wegen geringerer Ernte etwas teurer würde, dürfte das Brötchen nicht teurer werden.

Die Obst- und Gemüseerträge hat die Dürre kaum beeinflusst, jedenfalls nicht negativ. Der Grund: Die Gemüseanbauflächen werden zumeist ohnehin gewässert. Hier hat die extreme Trockenheit also nur die Wasserkosten nach oben getrieben.

Und viele Obstsorten gediehen in diesem Jahr recht gut – kein Frost zur Blüte und viel Sonne bei der Reife. „Wir hatten ein Bombenjahr bei Kirschen“, sagt Regina Witt von der Erzeugergemeinschaft Gäa. Insgesamt habe die Dürre den Bauern aber „extrem geschadet“, so Witt. „Heu und Stroh sind absoluter Mangel.“

Wer sich ein Bild beim Erzeuger machen will, ist morgen ab 14 Uhr zum Tag der offenen Tür der Buchholzer Bäuerinnen GbR geladen. Hier bauen sieben Frauen auf sechs Hektar Land Gemüse, Kartoffeln und Kräuter an. Ort des Hoffestes: Steinhöfeler Str. 15, Buchholz bei Fürstenwalde