Bauer und Farmer haben starke Lobby

21 Länder haben sich zusammengeschlossen und bieten Brüssel und Washington auf der WTO-Konferenz die Stirn

CANCÚN taz ■ Bei der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Cancún haben nach öffentlichen Auftaktreden zahlreicher MinisterInnen am Donnerstag die ernsthaften Verhandlungen in vier thematischen Ausschüssen hinter verschlossenen Türen begonnen. Alle Aufmerksamkeit richtet sich auf den Agrarausschuss, für den eine Gruppe von 21 Ländern des Südens zu Konferenzbeginn ein eigenes Positionspapier präsentiert hatte – zur unliebsamen Überraschung von USA und EU. Die „G-21“ fordert konkrete Zusagen von Brüssel und Washington für den Abbau von Exportsubventionen und internen Beihilfen für die Bauern und Farmer innerhalb einer festgelegten Frist. Die G-21 machte dies auch zur Vorbedingung für Zugeständnisse an die Industriestaaten in allen anderen Fragen, die auf der Tagesordnung stehen.

Vertreter von EU und USA ließen bislang allerdings keine Bereitschaft zum Entgegenkommen erkennen. In der EU-Delegation zirkuliert sogar ein internes Papier mit dem Vorschlag, selbst den Beschluss der letzten WTO-Ministerkonferenz von Doha im November 2001 wieder in Frage zu stellen, wonach Exportsubventionen im Agrarbereich „reduziert werden sollen mit dem Ziel ihres völligen Abbaus“.

Gegen anfänglichen Widerstand der USA und der EU konnte die G-21 im Agrarausschuss zunächst einmal durchsetzen, dass ihr Positionspapier als gleichberechtigte Beratungsgrundlage akzeptiert wurde neben einem stark von den Positionen Washingtons und Brüssel geprägten Vorschlag, den der Vorsitzende des WTO-Hauptausschusses Ende August vorgelegt hatte.

Die „Gruppe der 21“ ist eine Koalition, die es in dieser Größe und Zusammensetzung noch nie zuvor in der zehnjährigen WTO-Geschichte gegeben hat. Zu ihr gehören neben elf Mitgliedern der von Australien angeführten „Cairns-Gruppe“ führender Agrarexporteure auch China, Indien und Ägypten. Damit repräsentiert die G-21 über 60 Prozent der weltweit in der Landwirtschaft Beschäftigten. Die viele Diskussionen im Konferenzzentrum von Cancún beherrschende Frage ist, ob diese Koalition in den nächsten Tagen zusammenbleibt.

Begonnen hatte die Ministerkonferenz am Mittwoch mit Appellen für ein faireres Handelssystem und die gerechtere Verteilung des Reichtums. „Wir dürfen nicht erlauben, dass Reichtum nur auf bestimmte Länder begrenzt bleibt“, erklärte Mexikos Präsident Vincente Fox, der Gastgeber, in seiner Eröffnungsrede. Er forderte die Industriestaaten unter den 146 WTO-Mitgliedern auf, das auf der Ministerkonferenz in Doha gegebene Versprechen einer „Entwicklungsrunde“ endlich einzulösen und ein „durchschaubares Handelssystem“ aufzubauen, von dem die armen Staaten des Südens stärker als bislang profitieren. „Der Schaden ist groß, die Opfer gehen in die Milliarden.“

Mit diesen Worten kritisierte auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan in einer Grußbotschaft, dass die WTO in der Vergangenheit „zu viele Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen“ habe. Die „Subventionen der reichen Länder“ machten einen „fairen Handel unmöglich“. ANDREAS ZUMACH