„Schröders Einlenken ist doch nur Augenwischerei“

Nicht nur, wer ab Januar Arbeitslosengeld II bezieht, hat Angst vor Hartz IV oder findet die Reform komplett falsch. Vier KölnerInnen erzählen, warum sie montags demonstrieren gehen und welche Hoffnungen sie in ihren Protest setzen

Hedwig Harte: „Seit ich 14 Jahre alt bin, habe ich gearbeitet, jetzt bin ich seit Oktober 2003 arbeitslos. Über 60 Bewerbungen habe ich geschrieben, aber mit 50 will dich keiner mehr im Büro haben. Ich hätte zwar eine Stelle für 1.600 brutto haben können. Aber die habe ich abgelehnt, weil ich nicht weiß, wie ich davon leben soll. Netto bleiben mir da nur 1.000 Euro, und ich zahle ja schon 600 für die Miete. Und so ist es auch mit Hartz: Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass mir jetzt alles weggekürzt wird, obwohl ich mein Leben lang für die Sozialversicherung gezahlt habe.“

Friedemann Holst-Solbach: „Ich bin zwar nicht selbst betroffen, aber als Selbstständiger und Gewerkschaftsmitglied bin ich solidarisch. Was bei Hartz geschieht, ist für die Leute ganz schlimm, und wirtschaftlich ist es Unsinn. Erstens wird der Binnenmarkt geschwächt durch die sinkende Nachfrage. Zweitens wird das Eigentum kaputt gemacht, wenn die Menschen all ihr erwirtschaftetes ‚Plus‘ aufbrauchen müssen. Und drittens werden dadurch überhaupt keine Arbeitsplätze geschaffen.“

Mario Balter: Ich bin teils Rentner und teils Arbeiter. Jetzt habe ich Angst, dass mir meine Invalidenrente noch weiter gekürzt wird und dass dann das, was ich mit meiner Arbeit dazu verdienen kann, nicht mehr zum Leben reicht. Wir demonstrieren hier, weil Hartz sicher nur der erste Schritt ist zu weiteren Kürzungen. Das ist wie bei einem Kind, dem man einmal was durchgehen lässt. Und wenn genug Leute zusammen kommen, könnten die Demonstrationen schon etwas bewirken. Andererseits: Ich habe noch nie erlebt, dass Politiker den Demonstranten echte Zugeständnisse gemacht hätten. Schröders Einlenken in der letzten Woche ist doch nur Augenwischerei.“

Adelheid Balter: „Trotzdem wäre es nicht schlecht, wenn aus den Demos eine Art Tradition werden würde. Wir jedenfalls könnten uns vorstellen, jetzt jeden Montag zu kommen.“ SUG