Grundschulen wollen nicht vergessen werden

Die Initiative „Grundschulen im sozialen Brennpunkt“ will für mehr Aufmerksamkeit für deren Probleme sorgen

Ein weiterer Brandbrief soll es nicht sein, das Papier, das die Initiative „Grundschulen im sozialen Brennpunkt“ am Dienstag vorstellte. Denn zu der Kritik und den Forderungen, die das Bündnis von GrundschulpädagogInnen, Gewerkschaftern und Vertretern von Migrantenorganisationen an die Berliner Bildungspolitik richtet, gehört gerade auch, nicht bloß kurzfristig Brände zu löschen, sondern langfristige Strategien für Berlins Schulen zu entwickeln.

Siebenundzwanzig Mitglieder hat die auf Anregung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) entstandene Initiative bisher, darunter VertreterInnen von 14 Schulen aus sozialen Brennpunkten in Neukölln, Tempelhof, Kreuzberg und Mitte. In 14 Punkten haben sie formuliert, wie sie sich vernünftige Grundschulen vorstellen. Dazu gehören etwa ein zügiger Ausbau von Ganztagsschulen, die verstärkte Einstellung von LehrerInnen und ErzieherInnen mit Migrationshintergrund, kleinere Klassen und regelfinanzierte Schulstationen.

Die Probleme an den Grundschulen hätten sich jahrelang „verdichtet“, sagt der Neuköllner GEW-Vorsitzende Jürgen Schulte: „Doch die Rufe nach Hilfe verhallten stets ungehört.“ Stattdessen, ergänzt eine Lehrerin einer Neuköllner Grundschule, sei ständig gekürzt worden: bei der Sprachförderung etwa oder indem besonderer Förderbedarf von Grundschülern nicht mehr ab dem ersten, sondern erst ab dem dritten Schuljahr festgestellt werde: „Die Förderstunden in den ersten zwei Jahren wurden einfach eingespart!“

Unterstützt werden die Forderungen von Vertretern verschiedener Migrantenorganisationen. Gefragt, welche Hilfe er vom Senat erwarte, antwortet etwa Nabil Rachid, Vorsitzender des Dachverbands arabischer Vereine: „Wir fragen, was der Senat uns bieten kann. Brauchen können wir alles.“ 20 Prozent der Kinder arabischer Herkunft verließen die Schulen ohne Abschluss. Nur 5 Prozent schafften es zum Abitur, so Rachid.

Die Zusammenarbeit zwischen Migrantenorganisationen und Schulen habe sich in den letzten Jahren enorm verbessert, berichtet Turgut Hüner vom Türkischen Elternverein. Das führe aber zu neuen Problemen: „Wir haben 2,25 finanzierte Stellen und arbeiten derzeit mit zehn Schulen zusammen.“ Auch da müsse mehr investiert werden, so Hüner. ALKE WIERTH