Gemälde gegen den Willen

Das Neue Museum Weserburg präsentiert acht Werke von Star-Maler Gerhard Richter. Diese gehören alle zur Sammlung Böckmann und waren noch nie an der Weser zu sehen

Fotos abzumalen vereinfacht das Procedere des Kunstschaffens enorm. Man muss nicht erst ein Thema finden und gestalten, den Bildraum nicht unter Musenbeistand komponieren. Für Gerhard Richter war das Malen nach Vorlage in den Sechzigern ein Befreiungsschlag.

Nach seiner Flucht aus Ostdeutschland kurz vor dem Mauerbau studiert Richter an der Düsseldorfer Kunstakademie. Sehr bald nach seiner ersten Ausstellung 1963 macht Richter durch imitierte Zeitungsfotos, Starporträts und Selbstgeknipstes von sich reden: Richter versteht sich nicht als Fotorealist, er erschafft die Fotos vielmehr neu in einer leuchtenden, einfarbigen Palette, die vieldeutig zwischen Dokumentarfilm und Historienmalerei changiert.

Die Übersetzung in Malerei ist ein Spiel mit Ausdrucksveränderungen: Durch verwischende Effekte werden Unschärfen, durch Pinselstrukturen schlechte Fotoabzüge imitiert.

1973 wurde der Künstler in einem Interview gefragt: „Sie kennen das Manipulationsregister der Fotografie – wollen Sie dennoch eine objektive Wirklichkeit zeigen?“ Gerhard Richters Antwort: „Nein. Ein Kunstwerk ist ja erst mal selbst Objekt, und die Manipulation ist nicht vermeidbar, sie ist Voraussetzung. Wenn ich zum Beispiel einen Gegenstand nach der Natur zeichne, fange ich an zu stilisieren und ihn so zu verändern, wie es meiner Anschauung und meiner Vorbildung entspricht. Wenn ich aber ein Foto abmale, kann ich die ganzen Kriterien dieser Vorbildung vergessen und sozusagen gegen meinen Willen malen. Und das empfand ich als eine Bereicherung.“

Aus der Sammlung Böckmann sind jetzt acht noch nie zuvor in Bremen gezeigte Richter-Werke dieser Schaffensperiode im Museum Weserburg zu sehen – heute übrigens im Rahmen der Sommerferienaktion zum letzten Mal bei freiem Eintritt. fis