WIE ER AUCH AUSGEHT, DER PROZESS GEGEN KANTHER IST EIN ERFOLG
: Auf der Anklagebank

Immerhin – seit gestern sitzen sie auf der Anklagebank: Der Ex-Bundesinnenminister und Ex-Generalsekretär der hessischen CDU, Manfred Kanther. Der ehemalige Schatzmeister der Partei, Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein, der mit der Erfindung „jüdischer Vermächtnisse“ den Rücktransfer von in die Schweiz verschobenen Parteigeldern kaschieren wollte. Und der Mann mit dem Koffer, Horst Weyrauch, Grenzgänger zwischen Deutschland, Schweiz und Liechtenstein, dem letzten Geldparkplatz der ominösen Stiftung „Zaunkönig“.

Dass der Prozess vor dem Landgericht in Wiesbaden überhaupt stattfindet, ist ein später Sieg für Justitia – und nur der Hartnäckigkeit der ermittelnden Staatsanwaltschaft dort geschuldet. Das Landgericht jedenfalls hatte es im März 2002 noch abgelehnt, das beantragte Untreueverfahren gegen Kanther und seine Spießgesellen zu eröffnen. Inzwischen ist aber viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen. Der Untersuchungsausschuss zur Schwarzgeldaffäre im Landtag schloss nach zwei Jahren die Akten – ohne politische Folgen für die Beteiligten. Und auch das Wahlprüfungsgericht, das den Einsatz von Schwarzgeld im Vorfeld der hessischen Landtagswahlen von 1999 durch den dann siegreichen Kandidaten Roland Koch (CDU) untersuchen sollte, stellte die Arbeit ergebnislos ein. Die Union gewann schon die Kommunalwahlen 2001 wieder bravourös; und die Landtagswahlen 2003 mit der absoluten Mehrheit der Stimmen. Vergangen, vergessen, vorüber.

Jetzt soll das Landgericht spät Recht sprechen. Kanther und Konsorten hätten der Union die Millionen entzogen und nach eigenem Gutdünken verteilt. Ein Akt der Untreue gegenüber der Partei von strafrechtlicher Relevanz sei das gewesen, heißt es in der Anklageschrift. Die Höchststrafe: fünf Jahre Gefängnis. Die Mindeststrafe: Verfahrenseinstellung wegen Verjährung. Das aber wird bleiben – egal wie das Verfahren endet: Der selbstgerechte Kanther und der schäbige Prinz mussten – unerwartet und für sie schändlich – doch noch auf der Anklagebank ihre Plätze einnehmen. Immerhin.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT