Tod einer Powerfrau

Der Mord an Schwedens Außenministerin Anna Lindh löst Bestürzung aus. Nach Messerangriff erliegt die Sozialdemokratin inneren Verletzungen. Euro-Referendum wird nicht verschoben

STOCKHOLM/BRÜSSEL taz ■ Bestürzt reagierten Freunde und Politikerkollegen auf die Nachricht von der Ermordung der schwedischen Außenministerin Anna Lindh. Die 46-Jährige erlag gestern Morgen den schweren Verletzungen des Messer-Attentats vom Vortag. Das Referendum über die Einführung des Euros, für die sich Lindh immer wieder eingesetzt hatte, soll am Sonntag wie geplant stattfinden.

Am Samstag erst habe er sich am Gardasee nach dem Ministertreffen von ihr verabschiedet, sagte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. „Sie strahlte eine solche Zuversicht aus. Sie wollte rasch nach Hause zurück, um weiter für die Euroeinführung zu werben.“

„Als Gruppe junger schwedischer Nachwuchsminister haben wir immer gesagt, dass sie die Beste von allen ist“, erklärte EU-Umweltkommissarin Margot Wallström. Die Attacke „am hellen Tag, unter lauter Menschen“ sei „ein Angriff auf die Demokratie“. Lindh war am Mittwochabend in einem Stockholmer Kaufhaus von einem Unbekannten mit einem Messer angegriffen worden.

Vor allem in der Zeit von Schwedens EU-Präsidentschaft vor zwei Jahren hatte sich Lindh unter Europas Politikern Respekt und Sympathie erworben. Geschickt leitete sie die Verhandlungen im Rat der europäischen Außenminister und ließ gleichzeitig keinen Zweifel daran, dass die Familie für sie an erster Stelle stand. Ihr Arbeitsstil war für viele berufstätige Frauen ermutigend, weil sie aller Welt vor Augen führte, dass ein Spitzenjob und Fürsorge für zwei kleine Söhne miteinander vereinbar sein können.

Schwedens Ministerpräsident Göran Persson bezeichnete Lindh gestern als eine der fähigsten politischen Persönlichkeiten der Sozialdemokratie. In Schweden wurde sie schon länger als seine Nachfolgerin gehandelt.

Die Regierung in Stockholm hält an der anberaumten Euro-Volksabstimmung fest. Ministerpräsident Persson sagte, man wolle im Angesicht einer Tat, die man als Anschlag auf die Demokratie bewerte, zusammenstehen. Anna Lindh solle damit geehrt werden und man wolle Respekt vor diesem demokratischen Prozess zeigen. Das Referendum zu verschieben lehnte Persson mit Verweis auf mögliche Anschlusstäter ab.

DANIELA WEINGÄRTNER,

REINHARD WOLFF

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