Prüfen, wie sich überprüfen beantragen lässt

Berliner Abgeordnete wollen sich erneut auf eventuelle Stasi-Zusammenarbeit überprüfen lassen. SPD- und PDS-Fraktionen lehnen Oppositionsantrag auf Dringlichkeit aber ab und plädieren für eine fraktionsübergreifende Initiative

In der Sache sind sich die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhauses einig: die Parlamentarier wollen sich überwiegend erneut auf eine eventuelle Zusammenarbeit mit der Stasi überprüfen lassen. Einen Dringlichkeitsantrag von FDP, CDU und den Grünen lehnten die Fraktionen von SPD und PDS am Donnerstag im Parlament jedoch ab. Christian Gaebler, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, begründete den Stopp damit, dass man eine fraktionsübergreifende Initiative dazu starten und gemeinsam einen Antrag formulieren wolle.

„Inhaltlich gibt es keine Konflikte“, betonte Gaebler. Die Dringlichkeit des Antrags sei jedoch nicht gegeben. Die Opposition sieht das anders und begründete den Antrag mit den neuen Erkenntnissen aus der Rosenholz-Datei, die erst jetzt von den USA der Birthler-Behörde übergeben wurde. „Wenn es dringlich wäre, dann hätte man den Antrag bereits Anfang Juni gleich nach der Übergabe stellen müssen“, sagte SPD-Geschäftsführer Gaebler.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Martin Lindner, warf den Fraktionen von SPD und PDS hingegen „Attentismus“ vor. „Ich hätte erwartet, dass die Parteien von sich aus aktiv werden“, erklärte Lindner. Insbesondere den Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), sieht er in dieser Verantwortung. Die Dringlichkeit sei spätestens mit der Erklärung des Senats entstanden, alle Regierungsmitglieder überprüfen zu lassen.

In diesem Punkt stimmt Sibyll Klotz, Fraktionsvorsitzende der Grünen, mit der Kritik des FDP-Kollegen überein. „Vom Abgeordnetenhaus hätte ein möglichst zeitnahes Signal zum Beschluss des Senats ausgehen müssen“, sagte Klotz. Unverständnis zeigte die Grünen-Abgeordnete jedoch für die Schärfe, die Lindner in die Debatte gebracht habe. „Wenn man nun so tut, als wäre das ein Riesenskandal, so ist dies völlig überzogen.“ Vielmehr plädiert auch Klotz für einen fraktionsübergreifenden Antrag. Sie rechnet damit, dass dieser bis Mitte nächster Woche auch vorliegen wird.

Unklar ist bislang, wie sich einige Abgeordnete der PDS positionieren werden. Neben Margrit Barth und Walter Kaczmarczyk steht auch Siglinde Schaub einem erneuten Check skeptisch gegenüber. Sie habe sich bereits zweimal prüfen lassen, betonte Schaub. Sie stellt die Diskussion prinzipiell in Frage. „Was ist das für ein Rechtsverständnis, wenn Abgeordnete unter Generalverdacht stehen und das Gegenteil beweisen müssen“, gab Schaub zu bedenken.

Grundsätzliche Kritik übte die Fraktionsvorsitzende der Grünen hingegen an der Verfahrensform. Schließlich habe man sich in einem Beschluss von Januar letzten Jahres zur Einsetzung eines parlamentarischen Ehrenrates bereits darauf geeinigt, dass auch nach der abgeschlossenen ersten Überprüfung der Abgeordneten weitere Akten eingesehen werden könnten, falls es neue Erkenntnisse gäbe.

In der ausgehändigten Version des Beschlusses fehlte diese Passage jedoch. „Sie hätte bereits ausgereicht, um eine weitere Überprüfung durchzuführen“, betonte Klotz. Auch ohne einen Antrag auf Dringlichkeit. Wie es zu dem Fehler kommen konnte, ist unklar. Momper bedauere dies sehr und habe sich auch im Parlament entschuldigt, wie sein Sprecher Lutz-Rainer Düsing erklärte. SUSANNE LANG