tonspur
: Sind Dichter Büchsenöffner?

Schön, wie sich manchmal Realität und Fiktion vermischen. Wie Wermut und Gin in einem guten Martini sozusagen, obwohl ich an dieser Stelle mal eine alte Radioweisheit loswerden möchte: Der beste Martini ist der, bei dem man die Wermutflasche nur gaaanz kurz offen neben dem Wodkaglas stehen lässt. Das reicht nämlich schon als Wermutnote, sagt man. Nun aber schnell zu einem dieser aktuellen Themen, die die Kunst aufgegriffen hat: In dem Hörspiel „Die Tour nach Marseille“ geht es, nun ja, fast um die LKW-Maut, obwohl es von 1980 ist, und auch noch aus der Schweiz stammt und in Paris spielt! Da steht ein Sattelschlepper seit 48 Stunden unbeleuchtet und leer auf einer Ausfallstraße von Paris. Der Fahrer ist verschütt, der Besitzer weiß angeblich auch von nüscht, und seine Frau, das ist eine ganz eigene Geschichte... Nicht verschweigen möchte ich aber noch, dass der Regisseur dieses Krimis auf den wunderbaren Namen Buschi Luginbühl hört. (14. September, 22.00 Uhr, hr2)

„Dichter sind Büchsenöffner ihrer Innenwelt“, das sagte der Schriftsteller Albert Vigoleis Thelen einst in seinem Stück „Vigolotria“. Und hat ganz gewiss Recht damit. Der Geschichtenerzähler und Witzbold aus Süchteln – das ist nicht etwa eine niederdeutsche Slangvokabel für das, was Kinder machen, wenn man sie mit Drogen füttert, sondern ein rheinisches Städtchen an der Niers – wird in einem Feature zu seinem 100. Geburtstag am 16. September von der Autorin Cornelia Staudacher gewürdigt. (19.05 Uhr, DeutschlandRadio)

Sein Werk selbst kann man natürlich ebenfalls kennen lernen: „Die Insel des zweiten Gesichts“, eine phantasievolle und kurzweilige Geschichte über ein deutsch-schweizerisches Ehepaar am Rande des Existenzminimums auf Mallorca, wird in vier Portionshäppchen in einer bearbeiteten Romanfassung geboten: Teil 1: 15.9., Teil 2: 22.9., Teil 3: 29.9. und Teil 4: 6.10., immer 20.05 Uhr, immer WDR 5.

Und weil ich so sympathisch finde, dass die Autorin des Hörspiels Spezialistin für mittelalterliche Tierknochen ist, möchte ich auch noch auf „Die schöne Diva von Saint-Jacques“ aufmerksam machen: Im Garten einer Sängerin in Paris steht plötzlich ein dicker Baum, was die Diva gar nicht freut. Am nächsten Tag ist er zwar wieder weg, der misstrauische Nachbar beginnt trotzdem, an dem Baum-da- Baum-weg-Phänomen zu forschen und wühlt in die zwielichtige Vergangenheit der Diva... (13. September, 0.05 Uhr, Deutschlandfunk) VERONA VON BLAUPUNKT