berliner szenen Sender und Empfänger

Radio Arschloch

Über das in uns und über uns herrschende Radioprogramm, das Radio der Herrschenden also, die uns so duzfrech entsetzlich blöde anglotzen wie diese drei Frauen bzw. jene zwei Männer von Radio 1 an den Bushaltestellen, wurde schon oft gemeckert. Bekannt ist auch, dass die Bilder der neckermannfrechen Moderatoren von unseren Steuern bzw. Rundfunkgebühren bezahlt werden. Dieser Trend, irgendwelche Oberschülerklassensprecher Mitte 30, die in Nichtbildmedien ihrer Arbeit nachgehen, auch noch abzubilden, ist ja ohnehin ganz grauenhaft. Kann natürlich sein, dass diese Leute zum Foto gezwungen wurden und sich schämen, wenn sie sich so sehen. Wahrscheinlicher aber ist, dass sie ihr Werbeabbild gut finden.

Wie auch immer. Nicht nur die Sender, sondern auch die Empfänger sind oft zum Kotzen. Grad rief zum Beispiel H. an und berichtete, dass sie neulich bei Saturn o. ä. ein Radio mit angeschlossenem CD gekauft hätte. Das Gerät sah zwar aus wie einer dieser nach Kindchenschema designten Kleinwagen, die unsere Straßen infantilisierend verschandeln, war aber gar nicht teuer – 59,90 – und auch von einer Markenfirma – Grundig – hergestellt worden. Als B. zu Hause das neue Gerät in Betrieb nahm, gab es eine Überraschung. Statt der vier erträglichen angepeilten Programme – Radio Multikulti, das Radio 1 für Intellektuelle, DS-Kultur, Deutschlandfunk und BBC – gab’s nur Spreeradio, Radio Paradiso, Radio Arschloch, Kiss, BB-Radio und all die anderen Privatficker. Sie habe dann beim Händler nachgefragt, und der sagte, das sei inzwischen so üblich, dass man mit kostengünstigen Radios nur Privatfunk empfangen könne. Das ist zwar keine Pointe, aber eigentlich doch sehr empörend. DETLEF KUHLBRODT