In der zweiten Reihe

Die deutschen Hockey-Männer verteidigen in Barcelona ihren Europameistertitel. Die DHB-Frauen werden Dritte

BARCELONA taz ■ Nun waren sie also doch da. ARD und ZDF befanden sich vor Ort, als die deutschen Hockey-Männer in Barcelona ihren Europameistertitel mit einem 5:4-Erfolg im Siebenmeterschießen gegen Gastgeber Spanien verteidigten. Zuvor hatte es einige Diskussionen über das Desinteresse der Medien an dieser Hockey-EM gegeben. Der Präsident des Deutschen Hockey-Bundes (DHB), Dr. Christoph Wüterich, hatte die Fernsehanstalten sogar recht massiv verbal attackiert, weil sie mit ihrer Fokussierung auf Fußball die kleinen Sportarten kaputtmachen würden. „Das kann enorme Folgen für uns haben“, sagte Wüterich. „Wenn uns die Öffentlichkeit fehlt, bekommen wir kein Geld und keine Sponsoren. Dann können wir auch international das Niveau nicht mehr halten.“ Bundestrainer Bernhard Peters hieb nach dem vierten Titelgewinn in Folge durch die deutschen Männer in dieselbe Kerbe: „Diese Reduktion von Sport im Fernsehen auf Fußball und Formel 1 ist eine Katastrophe“, konstatierte Peters und fügte hinzu: „Für mich sind meine Jungs die wahren Profis.“

„Wenn ich die ganze Zeit nur Hockey spielen würde, wäre das ja furchtbar“, meint Torsteher Clemens Arnold, der mit seinen Glanzparaden die deutsche Mannschaft gegen die gnadenlos angreifenden Spanier über die Spielzeit und die Verlängerung rettete. „Wir lernen, uns für mehrere Sachen zu interessieren.“ Die verschiedenen Lebensbereiche ergänzen sich. „Wir werden darauf getrimmt, zielstrebig zu sein“, sagt der Hamburger.

Im Siebenmeterschießen musste Arnold allerdings dem zweiten Torsteher Christian Schulte Platz machen, dem diese Nervenprobe besser liegt. Bei den Hockeyspielern kein Problem. „Unsere Klasse macht aus, dass wir eine Mannschaft ohne Stars haben“, urteilt der Bundestrainer. Christian Schulte, der während des Turniers nur ein Spiel absolviert hatte, parierte den entscheidenden Siebenmeter von Freixa, während bei den Deutschen der Jüngste im Team, der 18-jährige Christopher Zeller, traf und so den Europameistertitel und die Olympiaqualifikation sicherte.

Die Entscheidung, die Mannschaft nicht zur renommierten Champion’s Trophy zu schicken, die knapp eine Woche vor der EM in Amstelveen ausgetragen wurde, hatte sich somit als richtig erwiesen. Die Holländer, die beide Turniere gespielt hatten, landeten das erste Mal bei einer Europameisterschaft außerhalb der Medaillenränge. „Es war einfach mein Gefühl als Trainer, dass ich das der Mannschaft nicht zumuten kann“, rechtfertigt Bernhard Peters die Entscheidung, die eine Rüge des Welthockeyverbandes nach sich zog.

Doch es herrschte keineswegs nur Freude bei der deutschen Hockeydelegation in Barcelona. Die Frauen hatten während des ganzen Turniers Probleme gehabt, eine einigermaßen konstante Leistung zu bringen, erreichten aber am Ende doch noch durch einen 3:1-Erfolg über England einen beachtlichen dritten Platz. Nur die Niederländerinnen, die durch ein 5:0 gegen Spanien den Titel gewannen, qualifizierten sich aber in Barcelona für Olympia, das deutsche Team muss dagegen im März zum Qualifikationsturnier nach Auckland. Markus Weise, der die Frauen zunächst als Interimscoach betreut hat, wird sich mit dem DHB nun schnellstens über eine Vertragsverlängerung unterhalten müssen. „Es spricht viel dafür, den eingeschlagenen Weg fortzuführen“, sagte Sportdirektor Lutz Nordmann.

CLAUDIA KLATT