Mathematik heißt mathematics

Durch „Immersive Learning“ tauchen Kinder von frühester Kindheit in Fremdsprachen ein. Diese beherrschen sie später ebenso gut wie die Muttersprache

Hamburg taz ■ Seit 1999 ist die erste Unterrichtssprache für SchülerInnen der Claus-Rixen-Grundschule in Altenholz bei Kiel nicht Deutsch, sondern Englisch. Für eine Klasse eines jeden Jahrgangs heißt Mathematik mathematics, Musik music und Sport schreibt sich klein. Lediglich Lesen und Schreiben lernen die Kinder auf Deutsch. „Immersive learning“ nennt sich diese Methode, Sprachen von frühester Kindheit an zu vermitteln. „Immersive“ leitet sich von „to immerse“ ab, ins Deutsche übersetzt: „eintauchen“.

Der Modellversuch in Altenholz ist offenbar so erfolgreich, dass „immersive learning“ seit Beginn dieses Schuljahres auch an drei Grundschulen in Hamburg angewandt wird. Bis zu 70 Prozent der Fächer werden in Englisch unterrichtet. Die Klassen sind mit jeweils etwa 23 SchülerInnen im Hamburger Vergleich zwar relativ klein ausgefallen – trotz hoher Nachfrage – dies ist für das immersive Lernen aber nicht Voraussetzung.

Die in Deutschland laufenden Projekte werden vom „German Institute for Immersive Learning“ (GIFIL) in Hamburg betreut. GIFIL bereitet die Lehrkräfte auf die Umstellung vor. Ziel ist die Verbreitung dieser Lernmethode in ganz Deutschland.

„Zwei Drittel der Kinder dieser Welt werden nicht in ihrer Muttersprache beschult“, sagt Henning Wode von GIFIL. Bereits seit 40 Jahren gibt es Immersionsprogramme in Nordamerika, Asien und Australien. In Europa wenden die skandinavischen Länder, Spanien und Frankreich die Lehrmethode an.

Der Test in Altenholz habe gezeigt, dass die Kinder sehr viel konzentrierter dem Unterricht folgten, so Wode. „Sie müssen mehr aufpassen, wenn beispielsweise Geologie auf Englisch läuft.“ Vergleiche von bilingualen mit normal lernenden Klassen hinsichtlich ihrer Lesekompetenz hätten einen Gleichstand oder einen Lernvorsprung zugunsten der bilingualen Klassen ergeben. Hinzu komme ihr Vorsprung in der englischen Sprache, der weitere Fremdsprachen folgen sollten.

Eine besondere Begabung sei ebenso wenig Voraussetzung wie Englisch sprechende Eltern oder Vorkenntnisse, da sich Kinder in diesem Alter noch ganz natürlich Sprachen aneigneten. Im Gegenteil: Zuhause solle Deutsch gesprochen werden, dort solle sich die Muttersprache entwickeln.

Chancen eröffnet dieses Modell laut GIFIL besonders Klassen mit hohem Ausländeranteil, da alle Kinder auf demselben Niveau anfangen. In Altenholz erhalten Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen eine durch die Stadt finanzierte Extraförderung. Sandra Pingel