Aufbauarbeiten im Abrisspalast

Vor der Eröffnung des „Volkspalasts“ im ehemaligen Palast der Republik am morgigen Freitag laufen die Bauarbeiten auf Hochtouren. Doch nach dem Wochenende ist erst mal Pause. Dann muss der Volkspalast dem Bonzenpalast weichen

VON UWE RADA

Kreissägen kreischen, Hämmer schwingen durch die Luft, der Betonmischer schwurbelt vor sich hin. Kurz vor seiner Wiedereröffnung am Freitagabend geht es im Palast der Republik ein bisschen zu wie in Athen vor der Eröffnung der Olympischen Spiele. Und hier wie dort belebt der Optimismus das Geschäft. „Wann wir fertig werden?“, wiederholt Melanie Franzen vom Mitveranstalter Sophiensæle die Frage und antwortet: „Am Freitag natürlich, Punkt 19 Uhr.“

Eine Punktlandung also. Davor ist freilich noch einiges zu tun, um aus der asbestsanierten Palastruine einen „Volkspalast“ zu machen. Die Bar im Foyer zum Beispiel. Die steht noch irgendwie dumm rum. Ist ja auch kein Wunder, war sie doch die letzten zehn Jahre auf Deutschlandtour. Doch nun soll die spacige „Exbowlingbahnbar“, wie sie die Bauarbeiter liebevoll nennen, wieder ihren Palastdienst tun. Davor heißt es jedoch noch: schrauben, hämmern, und irgendwann muss auch noch der Sekt für die Eröffnungsfeier rein.

Geschraubt und gehämmert wird auch noch an der Pförtnerloge. Ein anderes Wort hat Axel gerade nicht parat. Wäre auch zu kompliziert zu erklären, was das transportable Büro, eine Art überdimensionierte Holztreppe, alles sein soll: Computerraum, Pressestelle, Postamt, von dem man reale und virtuelle Postkarten verschicken kann, Ausstellungsfläche, Rednertribüne, Schnittstelle zwischen der Innenwelt des Palastes und der Welt da draußen. Einer Welt, die lieber ein Schloss als einen Palast möchte, dafür aber kein Geld hat, wohl aber für den Palastabriss im nächsten Jahr und den grünen Rasen, der an seine Stelle soll. So viel Unsinn!, möchte man am liebsten in diese Welt hinausschreien. Wo? Na klar, an der Pförtnerloge.

Andere Themen bespricht man in den Tagen vor der Palastöffnung lieber hinter vorgehaltener Hand. Dass der Volkspalast nach dem Eröffnungswochenende wieder eine Woche geschlossen werden muss, versteht hier keiner. Oder besser: Man versteht es, aber blöd ist es trotzdem. Doch so läuft der Kapitalismus, und mit dem wollen sich auch die urbanen Guerilleros nicht anlegen, die die Zwischenpalastnutzung durchgekämpft haben. In der Woche nach der Eröffnung gehört der Palast nämlich McKinsey. 4.500 geladene Gäste feiern das 40-jährige Bestehen der Unternehmensberatung in Deutschland. Bonzenpalast also, bevor Honeckers Lampenladen am 28. August wieder zum Volkspalast wird.

Aber so richtig los geht es ohnehin erst im September. Dann nämlich ist auch Benjamin Förster-Baldenius fertig. Dann ist seine Lagunenstadt gebaut, diese urbane Inselwelt voller Fassaden und Wasser drum rum. Dann können sich die Touristen, die ja auch in den Volkspalast sollen, von den Bewohnern der Lagunenstadt durch die Inselwelt ziehen lassen. Im Schlauchboot, durchs Wasser. Wie das funktioniert? „Wir dichten alles ab, dann kommen 300.000 Liter Wasser ins Erdgeschoss.“ Mehr verrät Förster-Baldenius nicht. Nur dass man mit den Wasserbetrieben im Gespräch sei, wegen eines Sonderpreises.

Doch an den September denkt außer Förster-Baldenius noch keiner von denen, die derzeit Hand anlegen im Palast der Republik. Was gilt, ist Freitag, 19 Uhr. Dann muss alles fertig sein, der Estrich, die Bar, die Pförtnerloge. Und natürlich der rote Teppich, der draußen, auf dem Schlossplatz, ausgerollt wird.

Rot, das musste einfach sein angesichts des blauen Teppichs, der noch immer im Palast der Republik liegt, eine Hinterlassenschaft der BDI-Tagung vom Juni dieses Jahres. Dort, wo die Bosse ihrem Genossen Kanzler einst den Rücken stärkten, heißt es für die Volkspalastler: Draußen bleiben! Der ehemalige Volkskammersaal ist hermetisch abgeriegelt. So wollte es der Eigentümer des Palasts, das Bundesvermögensamt. Und so will es auch sein Aufpasser, der jedem an den Kragen geht, der sich von ein paar Gittern nicht abschrecken lässt. Auch in einem Volkspalast gibt es schließlich Spielregeln.

Ob die anderen Spielregeln auch funktionieren, wird sich erst ab Freitag zeigen. „Die Akustik“, sagt Melanie Franzen, „ist ernorm. Wenn man an einem Ende des Raums etwas fallen lässt, hört man es bis zum andern Ende.“ Strömt das Volk erst in seinen Palast, heißt es manchmal also still sein. Zumindest das wird Berlin und seinen Palast der Republik dann vom olympischen Athen unterscheiden.

Eröffnung des Volkspalasts am 20. August um 19 Uhr. Programm: www .volkspalast.com. Karten: 25 90 04 27 oder 20 91 46 80 und a. d. Abendkasse. Pförtnerloge: www.grussmarcella.de