Arafat ausweisen oder töten?

Zwei von drei Mitgliedern des israelischen Sicherheitskabinetts, die gegen eine Ausweisung des Palästinenserpräsidenten stimmten, möchten ihn lieber hinrichten

JERUSALEM taz ■ Nur drei Mitglieder des Jerusalemer Sicherheitskabinetts stimmten gegen den Beschluss, Palästinenserpräsident Jassir Arafat des Landes zu verweisen, zwei davon forderten stattdessen seine Hinrichtung. Auch der Chef des inländischen Nachrichtendienstes Shin Beth, Awi Dichter, hält die Ermordung Arafats für sinnvoller. Anstelle des langfristigen internationalen Protestes, der Israel auf kurz oder lang zu einer Rückführung Arafats zwingen könnte, so Dichter, würde eine Exekution zwar „ein paar Wochen heftigen Protest auslösen“, anschließend könne Israel jedoch wieder „aufatmen“.

Für Vize-Premierminister Ehud Olmert wäre ein solcher Schritt nur die logische Umsetzung der erklärten Strategie, „alle führenden Köpfe des Terrors zu eliminieren“. Arafat sei schließlich „einer davon“, erklärte er gegenüber der Stimme Israels.

Saeb Erikat, ehemals Chefunterhändler bei Friedensverhandlungen, sieht praktisch keinen Unterschied zwischen einem Landesverweis und einer Exekution. Arafat werde „niemals einer Deportation zustimmen“. Sein Tod würde die palästinensische Autonomiebehörde in einen Zustand der Anarchie versetzen, warnte er. Bereits am Wochenende kündigte Arafat an, dass er „in der Mukataa (seinem Amtssitz) sterben will“.

Israel erreichte seit dem Wochenende eine Welle des internationalen Protestes. Der UNO-Sicherheitsrat berät derzeit über eine kritische Resolution. Auch Oppositionsführer Schimon Peres, der in diesen Tagen seinen 80. Geburtstag feiert, verurteilte die Entscheidung des Jerusalemer Sicherheitskabinetts, die Arafats Position „in der Welt und bei den Palästinensern“ nur gestärkt habe. In den Palästinensergebieten finden seit Tagen heftige Solidaritätskundgebungen mit dem Palästinenserpräsidenten statt. Im Gaza-Streifen kam es bei heftigen Unruhen zu mindestens sieben Verletzten auf palästinensischer Seite.

Im Verlauf der sonntäglichen Kabinettssitzung in Jerusalem wurde beschlossen, den Bau der Trennanlagen voranzutreiben. Finanzminister Benjamin Netanjahu veranschlagt eine Zeit von sechs Monaten bis zur Fertigstellung. Offenbar infolge US-amerikanischen Drucks soll ein Teilstück nordöstlich von Tel Aviv dicht an der früheren israelisch-jordanischen Grenze errichtet werden und nicht, wie offenbar zunächst geplant, mehrere Siedlungen einschließen.

Die Regierung entschied ferner grundsätzlich, die vorgeschlagenen Empfehlungen der Kommission zu übernehmen, die den Tod von zwölf israelischen Arabern im Verlauf der so genannten Septemberunruhen im Jahr 2000 untersuchte. Kernpunkt des Berichts ist das ungewöhnlich scharfe Vorgehen der Polizei gegen die arabischen Staatsbürger. SUSANNE KNAUL