Die Arbeit kommunizieren

Kirchhoff Consult AG legt Studie über Nachhaltigkeitsberichte vor. Die deutschen Reports stehen im internationalen Vergleich nicht schlecht da. Stilistisch dem „deutschen Berichtswesen“ angelehnt

Anleger und Analysten wollen zunehmend wissen, wie die Unternehmen arbeiten, deren Aktien sie kaufen oder bewerten. Zu Recht: Denn umweltschädliche Wirtschaftsweise führt in die globale Katastrophe. Damit haben Investoren eine nicht zu unterschätzende Machtposition: Greifen sie zu Wertpapieren jener, die nicht allein ökonomisch, sondern auch ökologisch zu den Spitzenreitern gehören, und ignorieren sie konsequent alle anderen, die umweltschädlich und sozial unverträglich agieren, werden letztgenannte mittelfristig in die zweite Reihe gedrängt. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Unternehmensfinanzierung: Schlechter Leumund senkt die Kreditfähigkeit, Neuemissionen lassen sich schwerer platzieren.

Das dringt inzwischen bis in die Chefetagen zumindest einiger Konzerne. Der Hamburger Kommunikationsberater Kirchhoff Consult AG beobachtet diesen Trend und findet ihn bestätigt: Die Erwartungen an das Engagement eines Konzerns steigen deutlich an, meint man dort. Von allen Seiten würde „den Unternehmen mehr auf die Finger geschaut“. Die ökologische, gesellschaftliche und soziale Verantwortung börsennotierter Firmen sei „inzwischen mehr als nur ein Lippenbekenntnis“.

Eines der Mittel, sein Engagement zu kommunizieren, ist der Nachhaltigkeitsbericht. Kirchhoff Consult hat solche Berichte deutscher und internationaler Konzerne untersucht. Dafür wurden sämtliche DAX-30-Konzerne und die jeweils zehn größten Gesellschaften aus dem amerikanischen Dow Jones, dem britischen FTSE, dem italienischen MIBTEL, dem Schweizer SMI sowie dem österreichischen ATX und dem französischen CAC 40 um die Zusendung eines Nachhaltigkeitsberichtes (Corporate Citizenship Report, CCR) gebeten. Die Resonanz sei „sehr unterschiedlich“ gewesen: Von den 30 DAX Unternehmen hätten immerhin 19 einen Bericht zugeschickt. Aus England kamen acht, aus Österreich nur zwei. Das spiegele in etwa die Häufigkeit der Berichterstattung. Nach Angaben von Jens Hecht von Kirchhoff Consult würden in England, „dem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung“, 80 Prozent der Firmen einen solchen Report erstellen, in Deutschland seien es 66 Prozent. Österreich stehe erst „am Anfang der Entwicklung“.

Ein Ergebnis: „Deutsche Unternehmen können ihr Engagement besser als erwartet verkaufen.“ Auffällig seien zudem die großen „Kultur“-Unterschiede zwischen deutschen und internationalen Berichten. Während die deutschen stilistisch und sprachlich offenbar noch vom schlechten alten „Berichtswesen“ geprägt seien – freudlos geschrieben, sehr gründlich, trocken –, dominierten in den angelsächsischen die „Storyteller“ – plakativ, lebendig und mit Beispielen gefüttert.

Schwerpunkt der Analyse war die „Kommunikation“, mithin die Frage, wem es am besten gelinge, sein Engagement für Kunden, Mitarbeiter und die Finanzwelt darzustellen. Jens Hecht glaubt allerdings nicht, hierbei PR mit Qualität zu verwechseln. „Die Gefahr besteht“, gibt er zu, aber gute Berichte zeichneten sich eben nicht allein durch den Inhalt der kommunizierten Details aus, sondern durch Transparenz und die Gabe, Schwächen zugeben zu können; womit es indes noch zu hapern scheint. So sei „oft nur über Erfolge und wenig über Schwachstellen berichtet“ worden. „Kritische Stimmen von Externen“ seien „selten zu lesen“. Die Befürchtung, es würden langatmige Broschüren allein mit grünem Anstrich verteilt, habe sich indes nicht bewahrheitet: „Die Reports überzeugen durch hohen Informationsgehalt und aussagekräftiges Datenmaterial“, meinen die Kommunikationsexperten.

Als „Top Ten“ der 89 untersuchten Berichte nennt Kirchhoff Novartis, Procter & Gamble, RWE, Royal Dutch/Shell sowie Degussa, DaimlerChrysler, BASF, GlaxoSmithKline, Deutsche Telekom und Lufthansa. Hervorgehoben wird die „Tatsache, dass es in allen Berichten ein Vorwort oder ein Editorial eines Vorstandsmitglieds gibt“ – die Erstellung der Reports, so sinngemäß Jens Hecht, wanderte also inzwischen aus den Pressestellen über die Umweltbeauftragten zumindest bis in die Köpfe der Chefetagen. Was man allerdings nicht überschätzten sollte: Chefs schreiben nicht, sie lassen schreiben. ANDREAS LOHSE