Rächer für Kongos getötete Banyamulenge

Der kongolesische Brigadegeneral Laurent Nkunda will im kriegsgeplagten Ostkongo eine neue Rebellion starten

Mit Laurent Nkunda ist nicht zu spaßen. Als der Brigadegeneral an der Spitze einer Armee von mehreren tausend Mann am 2. Juni in der Stadt Bukavu im Osten der Demokratischen Republik Kongo einmarschierte, sahen viele Beobachter darin den Beginn eines neuen Krieges. Nkunda sagte, er sei gekommen, um die ruandischstämmige Banyamulenge-Minderheit zu schützen. Kampflos und ungeschlagen zog er sich mit seinen Soldaten im Juni zurück, nachdem die UNO ihm sagte, es gebe keinen Völkermord an den Banyamulenge. Nun hat er aus dem gleichen Grund erneut den Krieg erklärt – und nach dem Massaker am vergangenen Wochenende an 159 Banyamulenge aus dem Kongo in Burundi durch kongolesische Truppen wird ihm das kaum jemand ausreden können.

Kriegserfahren ist Nkunda durchaus. Er gehört zur ruandischstämmigen Minderheit des Ostkongo, von der zahlreiche Angehörige in den frühen 90er-Jahren nach Ruanda vertrieben wurden und als Soldaten der ruandischen Armee oder kongolesischer Rebellengruppen in ihre Heimat zurückkehrten. Nkunda selbst wurde 1967 im ostkongolesischen Distrikt Rutshuru geboren. Er studierte Psychologie im kongolesischen Kisangani und im ruandischen Mudende, bevor er sich der ruandischen Tutsi-Rebellenbewegung RPF (Ruandische Patriotische Front) anschloss, die 1994 das für den Völkermord in Ruanda verantwortliche Hutu-Regime stürzte und dort seither regiert. 1998 wurde er Mitglied der von Ruanda unterstützten ostkongolesischen Rebellion „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ (RCD). Als Rebellenkommandant soll Nkunda eine führende Rolle bei der blutigen Niederschlagung von Protesten in Kisangani im Juni 2002 gespielt haben.

Als Kongos Kriegsparteien 2003 Frieden schlossen und eine gemeinsame Regierung und Armeeführung bildeten, war Nkunda dabei. Auf Vorschlag der RCD ernannte ihn Präsident Joseph Kabila im August 2003 zum Militärkommandanten seiner Heimatprovinz Nord-Kivu mit der Hauptstadt Goma. Aber als der neue Generalstab am 5. September in Kinshasa den Amtseid auf Kabila ablegte, war Nkunda einer von drei RCD-Militärs, die die Zeremonie boykottierten. Der Grund: Sie fühlten sich in der Hauptstadt nicht sicher. Der Generalstabschef stellte einen Haftbefehl gegen sie aus. Daraufhin weigerten sie sich erst recht, in Kinshasa anzutreten. Sie wurden abgesetzt. Aber Nkunda blieb in Goma und agierte weiter als General. Seitdem wittern seine Gegner in ihm den Führer einer neuen Rebellion.

Seit seinem Rückzug aus Bukavu am 9. Juni sitzt Nkunda mit seinen Kämpfern in Minova, an der Grenze zwischen „seiner“ Militärregion und der um Bukavu. Dort warb er in den letzten Wochen um die Gunst anderer unzufriedener Warlords – keineswegs nur Angehörige der ruandischstämmigen Minderheit. Nun schwört Nkunda Rache für die getöteten Banyamulenge. Die Saat für Kongos nächsten Krieg ist gelegt. DOMINIC JOHNSON