Der Export von Jobs ist gut fürs Volk

Deutsche Firmen fertigen mehr und mehr im Ausland – aber dank stark wachsender Exporte auch mehr zu Hause. Durch Auslagerung bleiben die Betriebe konkurrenzfähig und können mehr exportieren, errechnen Experten des Finanzministeriums

VON MATTHIAS URBACH

Das Auslagern von Jobs ins Ausland nutzt nicht nur den Unternehmen, sondern auch der Volkswirtschaft. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Arbeitsplatzeffekte der Globalisierung“, die gestern im Monatsbericht des Finanzministeriums veröffentlicht wurde.

Anders als es der Titel suggeriert, können Hans Eichels Experten zwar nicht nachweisen, dass das Auslagern netto mehr Arbeitsplätze bringt. Aber klar ist, dass es die deutsche Wirtschaftsleistung mehrt. So trägt der Export inzwischen 22 Prozent zur deutschen Wertschöpfung bei – 1991 waren es noch 20 Prozent.

Vermutlich wäre die Debatte um Hartz IV nur halb so emotional, würden viele Deutsche nicht um ihren Job bangen. „Outsourcing“ heißt das Schreckgespenst, die Auslagerung von Produktion ins Ausland. Zumal Firmen wie Siemens und DaimlerChrysler diese Möglichkeit hemmungslos ausnutzen, um ihre Belegschaft zu erpressen. Doch schadet Outsourcing wirklich der Volkswirtschaft? Kostet es Jobs?

Tatsächlich werden immer mehr Vorprodukte im Ausland gefertigt und erst hier ins Produkt eingebaut, wie der irische Fensterheber, die mexikanische Zentralverriegelung und der japanische Klimakompressor in dem „deutschen“ 3er BMW. So verringerte sich der Anteil der deutschen Wertschöpfung in hiesigen Exportgütern um ein Zehntel – von 78 Prozent 1990 auf 71 Prozent 2000. Doch zugleich steigerte die deutsche Industrie den Export um zwei Drittel: Unterm Strich steckt zwar weniger Deutsches in deutschen Exporten, trotzdem stieg der Wert in Deutschland gefertigter Exportteile im vergangenen Jahrzehnt um ein gutes Drittel.

Dieser Anstieg, schreiben Eichels Experten, „bedeutet nichts anderes, als dass Deutschland die verstärkte internationale Arbeitsteilung nutzt, um inländische Arbeitsplätze zu sichern beziehungsweise im Prozess des Strukturwandels neue zu schaffen“. Auch die Studie betont, dass es „Gewinner und Verlierer“ dieses Prozesse unter den Branchen gebe: So entstünden in der Autoindustrie mehr Jobs, in der Möbelindustrie gingen sie verloren. Vor einigen Wochen urteilte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, Outsourcing im Rahmen der EU-Osterweiterung sei insgesamt wohl arbeitsplatzneutral. Allerdings gingen einfache Jobs zugunsten qualifizierter Arbeit verloren.

Sicher ist, das die hiesige Industrie outsourcen muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Wenn es gut läuft, schafft das mehr Jobs – muss es aber nicht. In einer Analyse des Auslagerns einfacher Bürotätigkeiten und Programmierjobs von den USA nach Indien, kommt das McKinsey Global Institute zu einem Bilderbuchergebnis: Jeder ins Ausland investierte Dollar bringe 1,46 Dollar volkswirtschaftlichen Ertrag: 33 Cent verblieben in Indien, 1,13 Dollar mehrten den Wohlstand der USA. Doch für Büro-Outsorcer Deutschland sähe das anders aus: Hier kämen nur 80 Cent ins Land zurück. Vor allem, weil es Entlassene hierzulande ungleich schwerer hätten, wieder einen Job zu finden – und weiter ihren Beitrag zum allgemeinen (und persönlichen) Wohlstand zu leisten.