Raderberger Baumfreunde kämpfen gegen Vernichtung ihrer Wildnis

Die Raderberger Brache in Zollstock ist das Lieblingskind der Naturschützer vom Nabis e.V. Mit Argusaugen wachen sie über das Naturparadies. Die Mitglieder des Vereins wollen aber nicht nur die Öffentlichkeit für den Schutz von Bäumen sensibilisieren, sondern auch praktische Arbeit leisten: Sie fühlen sich auch selbst für die Naturpflege verantwortlich

Köln taz ■ Naturidylle mitten in der Großstadt, wuchernde Vegetation, Familien, die wild gereifte Brombeeren pflücken – das gibt es auch in Köln. Direkt am Großmarkt erstreckt sich auf etwa zehn Hektar die Raderberger Brache, eine seit Jahrzehnten sich selbst überlassene Grünfläche mit artenreicher Flora und Fauna. Nachdem ein Stück dieser Wildnis im Frühjahr dieses Jahres dem Bau einer Straße zum Opfer fiel (taz berichtete), wachen seine Liebhaber mit Argusaugen über dem Brachland.

Ottmar Lattorf ist einer der Raderberger Baumfreunde, wie er sich selbst bezeichnet. Schon lange aktiv im Natur- und besonders im Baumschutz hat er im Mai 2004 mit weiteren 20 bis 30 Gleichgesinnten den Nabis e.V. gegründet. Das Akronym steht für „Natur, Bildung und Soziales“.

„Wir wollen Bäume retten“, fasst Lattorf kurz und knapp das Hauptanliegen des Vereins zusammen. Der Fokus liege dabei auf der Raderberger Brache. Er befürchte weitere Baumaßnahmen. Die neue Straße sei bisher zweispurig, es gebe aber eine Genehmigung für einen dreispurigen Ausbau. Auch der vielleicht anstehende Verkauf der benachbarten Großmarktfläche könnte der Brache gefährlich werden. Deshalb quälen sich die Mitglieder des Nabis-Vereins durch Amtsblätter, um keine wichtigen Ankündigungen zu verpassen.

Ihnen liegen aber auch die Bäume anderer Stadtteile am Herzen. „Wir beobachten neben der Raderberger Brache noch einige kritische Gebiete in Köln, beispielsweise die Gärten am Eifelplatz, deren Fläche bebaut werden soll“, sagt Lattorf. Für ihn ist jede Vernichtung von Bäumen oder Grünfläche gerade in der Stadt nicht hinnehmbar.

Über ein extra dafür eingerichtetes Nottelefon des Nabis-Vereins können Bürgerinnen und Bürger melden, wenn sie Baumfällungen beobachten. Der Nabis-Verein nimmt sich dann des Naturfrevels an. „Nicht, indem wir uns an die Bäume ketten. Das ist Unsinn, der über uns erzählt wird“, sagt Katharina Mahler, ebenfalls Nabis-Mitglied. Vielmehr versuche der Verein, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. „Wir machen die Anwohner darauf aufmerksam, dass vor ihrer Haustür ein Baum gefällt werden soll, damit sie vielleicht mal kritisch nachfragen, ob das genehmigt ist“, erklärt die 30-jährige Studentin.

Öffentlichkeitsarbeit ist ein Hauptinstrument des Vereins. Und dazu gehört auch Umweltbildung. Regelmäßig bietet der Nabis-Verein naturkundliche Führungen durch die Raderberger Brache an. Demnächst ist eine Vortragsreihe geplant und eine Umweltbibliothek soll in den Vereinsräumen im Haus der Arbeiterwohlfahrt in der Kierberger Straße entstehen. Dem sozialen Anliegen werde der Verein durch regelmäßige Nachbarschaftsfeste gerecht, sagt Mahler. „Musikalische Unterstützung bekommen wir dabei von Klaus dem Geiger, unserem prominentesten Mitglied.“

In Zukunft will der Verein nicht nur ideelle Arbeit leisten, sondern auch praktische. Ihr Lieblingskind, die Raderberger Brache, braucht dringend Pflege. „Im Herbst sollen die Brombeeren, die zurzeit ein undurchdringliches Dickicht bilden, zurück geschnitten werden“, sagt Mahler. „Das ist nur konsequent, dass wir uns auch der Pflege annehmen, wenn wir für den Erhalt kämpfen.“ Christiane Martin