„Wir reden über Sicherheit, weil das die Kölner bewegt“

Ulrich Breite, FDP-Fraktionsgeschäftsführer im Stadtrat, über den Zusammenhang von Kriminalität und der Präsenz einer Vielzahl illegal Eingereister in Köln, über Umgang mit und Unterbringung von „Klau-Kids“ sowie die Notwendigkeit einer schnelleren Abschiebung abgelehnter Asylbewerber

taz: Herr Breite, wie fühlen Sie sich als Repräsentant einer Partei, die in Köln im Ruf steht, ausländerfeindlich zu sein?

Ulrich Breite: Für Liberale spielt die ethnische Herkunft ebenso wenig eine Rolle wie Religiosität oder sexuelle Orientierung. Als Freiheitspartei möchten wir, dass jeder sich nach seinem Lebensentwurf einrichten kann. Aber – das ist die andere Seite der Medaille – dafür muss jedem auch der entsprechende Schutz gegeben werden. Zur Zeit haben wir in Köln ein Sicherheitsproblem, und das hängt mit dem Personenkreis der illegal Eingereisten zusammen. Wenn wir die Hauptstadt der Taschendiebstähle und Wohnungseinbrüche sind, dann ist das Freiheitsberaubung: Ein Teil der Freiheit wird eingeschränkt.

Deswegen hetzt die FDP gegen in Köln lebende Roma?

Das machen wir nicht. Wir reden über Sicherheit und die Bekämpfung von Kriminalität. Das ist unser Thema, weil das die Kölner Bevölkerung bewegt. Und zwar Deutsche und Migranten, von rechts bis links – auch SPD-, Grünen- oder PDS-Wähler. Machen Sie sich da nichts vor. Es hilft doch nichts, ein Problem einfach zu ignorieren. Für uns stellt sich die Frage: Wem überlassen wir die Lösungskompetenz? Die will ich bei Demokraten haben, die für die offene Gesellschaft eintreten, und nicht bei rechten Rattenfängern.

Deshalb fokussieren Sie sich auf Roma und Flüchtlinge?

Die FDP ist immer dafür eingetreten, dass die legal hier lebenden Roma nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Die Roma, die vor Jahrzehnten beispielsweise als jugoslawische Gastarbeiter hierher gekommen sind, wollen zu Recht nicht in einen Zusammenhang mit denen gebracht werden, die immer wieder in den Berichten von Stadt und Polizei auftauchen. Das, was auf den Kölner Straßen passiert, darf nicht einer ethnischen Minderheit zugeschrieben werden.

Aber Flüchtlingen?

Wenn wir mehr Sicherheit fordern, dann geht es uns natürlich nicht allein um die illegal Eingereisten und schon gar nicht um Flüchtlinge. Es ist nicht so, dass wir sagen, ohne sie gäbe es kein Kriminalitätsproblem mehr. Aber: Wenn der Kölner Polizeipräsident von 15.000 Straftaten pro Jahr aus dem Personenkreis der illegal Eingereisten spricht, ist das verdammt happig. Wenn ein behinderter Mensch, wie dies geschehen ist, von Klau-Kids überfallen wird, dann darf es nicht heißen: Verschweigen wir das lieber, das waren ja Ausländer. Es darf nicht sein, dass Menschen von anderen eingeschränkt werden. Das passt nicht zum liberalen Köln. Wenn Menschen nach Köln kommen, nur um Straftaten zu begehen, dann müssen wir dagegen vorgehen.

Sie halten alle illegal Eingereisten für Kriminelle?

Nein, aber wir haben in Köln zwischen 3.400 und 3.500 illegal eingereiste Menschen, die der Stadt neben Kosten in Höhe von 21 Millionen Euro etliche weitere Probleme bescheren. Das ist nun mal eine Tatsache. Mit der „Lex Colonia“ muss Schluss sein. Es kann nicht sein, dass Köln so tut, als gelte hier das Schengener Abkommen nicht. Wir haben uns hier unser eigenes Recht geschaffen und das geht nicht gut. Darum haben wir diese hohen Zahlen. In Düsseldorf oder anderen Städten in Nordrhein-Westfalen sieht es anders aus. Es geht nicht um Abschottung. Zuwanderung ja, illegale Einreise nein – das ist unsere klare Position.

Was bedeutet das konkret für den Umgang mit Flüchtlingen?

Zum einen möchte ich, dass alle Städte in Nordrhein-Westfalen einheitlich mit illegal Eingereisten umgehen. Für Köln bedeutet das, es muss wieder mehr über das Asylverfahren geredet werden, weil es das rechtsstaatliche Verfahren ist. Das heißt auch, dass wir eine größere Erstaufnahmeeinrichtung brauchen, um genau überprüfen zu können, wer zu uns kommt. Dabei favorisiert die FDP weiterhin die Schiffsvariante. Mit den Kasernen waren wir nicht sehr glücklich, auch nicht mit dem Containerdorf in Kalk. In Hamburg hatte Rot-Grün übrigens drei Schiffe. In Köln hat die schwarz-grüne Mehrheit das eine öffentlichkeitswirksam und für über 600.000 Euro wieder abdampfen lassen – ohne ein alternatives Konzept zu haben. Das war ein schwerer Fehler.

Auch Flüchtlingskinder sollen auf das Schiff?

Wenn Kinder nicht darauf gehen wollen, müssen sie halt in ein Heim kommen. Auch wenn es natürlich problematisch ist, dass sie von ihren Eltern getrennt werden. Deswegen darf das auch nur kurzfristig sein. Das mag die Flüchtlingslobby kritisieren, aber eine zentrale Aufnahmeeinrichtung ist von der Vernunft her der bessere Weg.

Was wollen Sie noch?

Außerdem ist eine schnellere Bearbeitung der Fälle durch das Ausländeramt notwendig. Wer nicht bleiben darf und nicht freiwillig ausreisen will, muss so schnell wie möglich abgeschoben werden. Wir wollen zudem beim Ausländeramt angesiedelte unabhängige Ärzte zur medizinischen Begutachtung haben, um Goodwill-Gutachten zu verhindern. Für Asylbewerber brauchen wir natürlich auch weiterhin dezentrale, kleinere Wohnunterkünfte. Auch bei denjenigen, die einen Duldungsstatus als Kontingentflüchtling oder nicht anerkannter Asylbewerber haben, muss eine schnellstmögliche Verteilung auf diese Wohnunterkünfte erfolgen.

Und dann fühlen sich die Kölner wieder sicherer?

Um das subjektive Sicherheitsempfinden zu erhöhen, fordern wir ja auch noch eine Stadtpolizei. Sicherheit ist eine staatliche Aufgabe und darf nicht privatisiert werden, weil es hier um einen sehr sensiblen Bereich geht. Wir möchten deshalb keine privaten Sicherheitsdienste wie die Schwarzen Sheriffs in München. Da beim Land kein Geld da ist, wollen wir eine kommunale Ordnungspolizei einrichten, die wir Stadtpolizei genannt haben, weil das griffiger ist. Besonders die PDS hat das ja scharf abgelehnt. Bei aller Liebe: Die Kölner sollten sich mal bei ihren Genossen in Berlin umschauen. Denn das rot-rote Berlin macht mit seiner Kiez-Polizei genau das, was wir in Köln wollen. Ob die Uniformen bei uns auch blau-weiß sein müssen, darüber kann man reden. Auch sollten unsere Stadtpolizisten nicht wie in Berlin Pfefferspray und Knüppel bekommen. Also das ist bei uns nicht drin. Da sind wir in Köln liberaler.

Interview: Pascal Beucker
und Sebastian Sedlmayr