Die letzten Reste der Vision

Beim Lovefield-Festival trifft sich die Dance- und Elektroszene. Austragungsort ist zum ersten Mal die Motorradrennstrecke in Scheeßel, wo auch das „Hurricane“-Festival stattfindet. Festivalmacher Claudio Urban erklärt das neue Konzept

Interview: Bianca Ludewig

Ursprünglich war Lovefield ein reines Trance- und Goa-Festival. Der langsame Tod dieser Musikrichtung, die gerne eine Bewegung geworden wäre, macht es für die Veranstalter nicht gerade leichter. Die letzen Reste der Vision will Lovefield-Gründer Claudio Urban nun zusammen mit dem Konzertveranstalter FKP Scorpio in die nächste Ära retten.

taz: Was unterscheidet euch von artverwandten Festivals im Bereich Elektronik wie Melt oder Fusion?

Claudio Urban: Das Lovefield war schon immer sehr hippieesk, sehr emotional und liebebedürftig. Ein Festival das sich um den Gedanken der freien Liebe spinnt.

Wie wollt ihr denn in Scheeßel, auf diesem riesigen Gelände, dieser Liebebedürftigkeit gerecht werden?

Die Auswahl der Location ist für uns immer ein sensibles Thema gewesen. Stade wurde schon für Lovefield 2003 zu klein. Scheeßel war natürlich durch Hurricane als großes Rockfestival vorbelastet, aber wenn man sich die Fläche ohne das Hurricane ansieht, dann erkennt man ein wunderschönes Gelände mit Naturtribünen. Hinzu kommt, dass der Platz wetterfest ist.

Ihr sagt, die Welt verändert sich und ihr euch mit ihr. Was meint ihr damit?

Bis ins letzte Jahr war Psychedelic Trance noch Kernpunkt dieser Veranstaltung, und das ist dieses Jahr definitiv anders. Sonntag wird es noch Trance geben, aber ansonsten ist der Sound einfach moderner geworden.

Warum?

Die Szene hat sich verändert. Zu viele Drogen. Die Partys mit einer stärkeren Publikumsdurchmischung empfinden wir einfach als angenehmer. Diese Mischung wollen wir mit unseren Acts und DJs fördern.

Wollt ihr wirklich Menschen zusammenbringen oder es nur jedem recht machen?

Die Ausgangslage ist in Hamburg seit einiger Zeit unglaublich gut. Egal, wo ich hinkomme, überall läuft elektronische Musik und die Stimmung ist toll: Aber die Szenen vermischen sich nicht. Jeder ravet für sich. Wir wollen diese Leute zusammenbringen, das ist die Vision von Lovefield.

Wie seid ihr zum Mitveranstalter Scorpio gekommen, der ja auch das „Hurricane“ mitverantwortet?

Wir sind im Katastrophensommer 2002 ja richtig abgesoffen. So dass wir das Festival verschieben mussten. Und wir als Veranstalter sahen echt alt aus. Danach waren wir finanziell und energetisch am Ende. Und uns war klar, dass wir entweder aufhören oder uns einen starken Partner suchen müssen.

Und da kamt ihr auf Scorpio?

Der Chef von Scorpio rief bei uns an und wollte sich mit uns treffen, um zu sehen, ob da gemeinsam noch etwas zu retten ist. Für uns war das ein Geschenk, denn sonst hätten wir nicht weitergemacht.

Woher kommt eure Aufbruchsstimmung?

Ich glaube, dass wir jetzt an einem Punkt sind, wo sich elektronische Musik gerade neu positioniert. Und wo es einen Sprung nach vorne gibt, nachdem lange nichts passiert ist. Darin liegt Kraft.

Warum so ein umfangreiches Musik-Aufgebot?

Ein Dance-Festival ist einfach etwas anderes als ein Rockfestival oder ein Clubabend. Es gibt keine Breaks zwischen den Acts, und die Musiker müssen sich aufeinander abstimmen. Und anders als im Club kann und soll man rumtingeln und Eindrücke sammeln.

Warum kostet es jetzt mehr Eintritt als bisher?

Es gibt mehr Service, mehr Personal. Es gibt keine Dixies mehr, aber Warmwasser-Duschen und einen kleinen Supermarkt. Zudem sind wir auch für schlechtes Wetter ausgerüstet. Die Clubleute sind nunmal keine Matschrocker.

Gehören die Polizeibesuche immer noch mit dazu?

Ja klar! Für viele Außenstehende ist es natürlich nach wie vor ein Drama. Es wird nicht verstanden, warum die Besucher nicht literweise Bier trinken, sondern lieber eine Tüte rauchen.

Worauf freust du dich am meisten?

Ich würd mich tierisch freuen, wenn genug Leute kommen, nicht weil dann die Kassen klingeln, sondern weil ich möchte, dass dieses Konzept funktioniert. Die kreative Gestaltung aller auf dieser Fläche soll auch Wertschätzung erfahren, und dafür müssen schon so um die 8.000 Leute kommen.

Lovefield-Festival, 27.-29. August, Scheeßel, Eichenring