urdrues wahre kolumne
: Bruder, mein lieber Bruder

Schön, dass der polarfrostgestärkte Henning Bürgermeister den Bremern vorläufig erhalten bleibt, denn je älter so ein elder statesman wird, desto mehr Flausen wird er mit den Haaren, der Sehkraft und dem Gehör auch verlieren und umso ausgeprägter dann die Bereitschaft zur Toleranz gegenüber Kopftüchern, Purpfeifchen und Leuten, die sich kein Heißwasser ohne was drin gönnen mögen: Opa ist immer sehr viel weiser als der Papa!

Apropos Verwandtschaft: seit geraumer Zeit grüßt mich ein türkischer Lebensmittelhändler in Gröpelingen beim Kauf von Knoblauchwurst, Fladenbrot oder Jogurt mit dem Ausdruck „Onkel“ und umso verblüffter war ich, als ich beim letzten Mal von ihm als „Bruder, mein lieber Bruder“ angesprochen wurde. Welcher Kultursoziologe vermag, hier Aufklärung zu bieten?

Als demonstrativ auf honorig getrimmter Herrendarsteller trägt Senator Thomas Röwekamp modisch gesehen stets ein bisschen zu dicke auf und macht sich im feinen Casino-Zwirn manchmal auch schon richtig lächerlich, wie mir von seinem peinlichen Parademarsch im Kleinstadtschützenkönig-Schleppschritt bei der Bundeswehrvereidigung in Bremerhaven noch sehr gut erinnerlich.

Doch während er seine konservativen Fetzen vermutlich selbst, wenn auch nicht unbedingt mit aus anständiger Arbeit erworbenem Geld bezahlt, sollte man ihn dort mit gezielter Fußhaltung bremsen, wo er jetzt sein Geschmacksdiktat auf unsere Kosten austoben und die Bremer Bullizei in blaue Schupo-Uniformen pressen will, wie sie schon von den staatlichen Prügelgarden der Noskepolizei bei der Jagd auf rebellierende Arbeiter getragen wurden. Hände weg von den Förstern!

Mit Recht freut sich das radfahrfreundliche Bremen mit dem ADFC auf das Umweltfest am Sonntag kommender Woche unweit vom Café Sand. Zwischendurch aber empfehle ich die Organisation eines Glasscherbengerichts gegen die Reifen eines solchen Pedalisten, wie er mir jetzt wieder mal auf der Weserbrücke begegnete. Als Lance-Armstrong-Silhouette getarnt raste mir dieser krasse Hochgeschwindigkeits-Desperado mit allerhand „Aus dem Weg“- Geschrei auf dem Fußweg entgegen und gab dabei den Blick auf ein T-Shirt mit dem leicht angemüffelten Werbeslogan „Mars macht mobil“ frei. Dieser Hinweis, er wäre bei diesem mobilen Kriegsgott durchaus überflüssig gewesen.

Im Nahverkehrszug zwischen den Landeshauptstädten Hannover und Bremen sind funktionstüchtige Toiletten zumeist eine Rarität, und so musste ich kürzlich alle Wagen durchqueren, bis ich selbstverständlich im allerletzten ein nicht defektes und zugleich auch noch freies WC-Abteil fand. Der Deckel aber war dennoch belegt: durch ein absolut neuwertiges Baseball-Cap mit dem Aufdruck „IG Metall“. Fängt so kurz vor Hartz IV schon der Kampf im Untergrund an? fragt sich und alle kleinen Montagskinder dieser Welt Ulrich
„Bruder „ Reineking