„Das war die Ära Gloystein“

Auf einer Betriebsversammlung erfuhren die Mitarbeiter der Frankfurter BHF-Bank gestern: 300 Stellen werden gestrichen. Bei der BHF-Bank ist man sich einig: Fehler des designierten Bremer Wirtschaftssenators Gloystein führten die Bank in die Krise

Bremen taz ■ Eine „Idealbesetzung“ für das Amt des Bremer Wirtschaftssenators sei der Frankfurter Banker Peter Gloystein (58), meinte jüngst Bremens CDU-Vorsitzender Bernd Neumann. Am kommenden Donnerstag soll der neue Mann in Bremen vorgestellt werden. Der im Nobel-Ort Kronberg im Taunus wohnende Gloystein ist ein erfahrener Banker, dazu ist er Mitglied im Wirtschaftsrat der CDU und bringt auch aus diversen ehrenamtlichen Funktionen Erfahrungen in der Kulturpolitik mit. Bei der Frankfurter ING BHF-Bank, wo Gloystein bis Oktober 2002 Vorstandsvorsitzender war, verbindet man den Namen Gloystein allerdings keineswegs mit positiven Erinnerungen. Im Gegenteil: Die Krise der Bank wird auf eklatante unternehmerische Fehler des Bankenvorstands Gloystein zurückgeführt.

300 der 2.600 Arbeitsplätze müssen abgebaut werden, vor allem im Firmengeschäft, erfuhren die Mitarbeiter gestern in Frankfurt auf einer Betriebsversammlung. „Das Firmenkundengeschäft muss weitgehend wieder zurückgefahren werden“, erklärte der Firmensprecher Jürgen Heine das Problem. Insbesondere dort werden die roten Zahlen bei der BHF-Bank geschrieben. Vor drei, vier Jahren hatte die Bank expansiv auf das Firmenkundengeschäft gesetzt, auch Personal dafür eingestellt. „Das war die Ära Gloystein“, sagt der Firmensprecher heute. Und da werden heute die Ursachen der aktuellen Krise ausgemacht.

Noch im Juli 2002 hatte Gloystein der niederländische Muttergesellschaft ING sein Konzept für die BHF wärmstens nahegelegt. Der Firmenkundenbereich war aber immer auf „Quersubventionierungen“ angewiesen. Im Herbst 2002 zog die Amsterdamer Alleingesellschafterin, die ING-Holding, die Notbremse. Gloystein ging. Aus der Belegschaft weinte dem eher hölzernen und als „wenig kommunikativ“ beschriebenen Chef niemand eine Träne nach. Ein Bank-Mitarbeiter: „Wenn dieser Kurs nicht gestoppt worden wäre, dann gäbe es heute die BHF-Bank nicht mehr.“

Das Manager-Magazin berichtete damals über den Fall. „Dass der ehrgeizige Banker jetzt privatisiert, glaubt kaum jemand“, hieß es da im Oktober 2002, „zu gern war Gloystein die Nummer eins im Unternehmen.“ 1999 habe er die Commerzbank verlassen, nur weil er seine Chancen auf die Nachfolge des damaligen Chefs Martin Kohlhaussen schwinden sah. „Die nächsten Monate“, zitierte das Magazin Gloystein, „mache ich nix.“ Daraus sollten zwei ganze Jahre werden. Aber nicht aus dem Banken-Bereich kam der Ruf, sondern aus der Politik. In Kreisen des Wirtschaftsrates der CDU entsann man sich des arbeitslosen früheren Bankers.

Gloystein, der 1963 in Bremen in die Junge Union eingetreten war, pflegte in den letzten Jahren nur noch als Fördermitglied der Friedo-Lampe-Gesellschaft in Bremen Beziehungen zu seiner Geburtsstadt. Und Gloystein kennt den Bremerhavener Immobilien-Unternehmer Karl Ehlerding: Er sitzt im Aufsichtsrat von dessen Beteiligungs- und Grundbesitz-Holding WCM. Über diese Holding werden auch die Ehlerding-Anteile an der (früher städtischen, jetzt privatisierten) Wohnungsbaugesellschaft „Bremische“ verwaltet.

Klaus Wolschner