Clement wäre gerne der „Mr. Neue Jobs“

Beim Hartz’schen „Fördern und Fordern“ ist das Fördern bisher zu kurz gekommen. Das soll sich nun ändern

BERLIN taz ■ Die öffentliche Debatte läuft gegen die SPD. Hartz IV: eine Sauerei – so lautet das Motto der Montagsdemonstrationen. „Sozialdemokratie“ ist für viele Bundesbürger in diesen Tagen ein Synonym für „Sozialabbau“.

Dabei will die alte Partei der Proleten und Ausgestoßenen den Menschen doch eigentlich etwas geben! Mehr Gerechtigkeit und Chancen auf neue Arbeitsplätze – so des Kanzlers Credo. Die Person, die diese Hoffnung transportieren soll, heißt Wolfgang Clement. Der SPD-Minister für Wirtschaft und Arbeit spielt eigentlich die Rolle des „Mr. Neue Jobs“. Dafür hat Gerhard Schröder ihn eingekauft. Das dürfte nun der Grund sein, warum Clement versucht, die öffentliche Meinung mit einer gewagten Ankündigungen zu drehen. 600.000 neue 1-Euro-Jobs: 20 Prozent der Langzeitarbeitslosen könnten bald wieder eine bezahlte Stelle haben, erklärte der Minister gerade.

Beim grünen Koalitionspartner ist ein gewisses Aufatmen festzustellen. „Es geht bei Hartz IV ja auch ums Fördern – und nicht nur ums Fordern“, heißt es in der Bundestagsfraktion. Deshalb sei es völlig richtig, angesichts der Montagsdemonstrationen auch mal das Gute in den Vordergrund zu stellen – eben die staatlich geförderten, neuen Stellen für hunderttausende.

Gleichzeitig rauft man sich bei den Grünen die Haare. Denn eine Frage harrt der Antwort: Was ist in Clement gefahren, die Zahl „600.000“ zu nennen? Belastbare Quellen für diese frohe Botschaft kann nicht einmal seine Pressestelle nennen. Vermutlich hat sich der Minister den Jobsegen schlicht ausgedacht, um mit einer wohl klingenden, wenn auch ziemlich hoch gegriffenen Ziffer ordentlich Eindruck zu machen.

Nicht zum ersten Mal handelt der Wirtschaftsminister nach dem Prinzip „Flaschengeist“: aufblasen, rumtönen, verschwinden. Kurz nach seinem Start als Superminister für Wirtschaft und Arbeit hielt er Vollbeschäftigung in Deutschland für möglich – mithin eine Rückkehr zu den seligen Verhältnissen der 1950er- bis 1970er-Jahre, als das Wirtschaftswachstum brummte. Dass dieser harmonische Urzustand der bundesdeutschen Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten noch einmal zurückkehrt, erscheint mehr als zweifelhaft. Weshalb Werner Schulz, wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsgrünen, Clements 1-Euro-Ankündigung denn auch als unausgesprochenen Abschied von einem „Grundirrtum“ einordnet. Mit der Betonung eines öffentlich geförderten Arbeitsmarktes gehe das implizite Zugeständnis einher, dass die Strategie „Wirtschaftswachstum“ nicht zum gewünschten Erfolg führe. „Der erste Arbeitsmarkt funktioniert nicht“, so Schulz, jedenfalls nicht so, dass die Marktwirtschaft eine ausreichende Zahl an Arbeitsplätzen bereitstellen könnte.

HANNES KOCH