kassenbeiträge
: Kleines, banales Schauspiel

Die Krankenkassenchefs erinnern bisweilen an Musterschüler. Mal wetteifern sie um die Gunst der Lehrerin – Gesundheitsministerin Ulla Schmidt – und schnipsen eifrig mit den Fingern: „Ich senke die Kassenbeiträge als Erster!“ An anderen Tagen hat die Lehrerin sie überfordert, da schreiben sie extra eine Vier. Meistens aber sind beide Seiten brav: Frau Schmidt schraubt die Erwartungen nicht zu hoch, dafür geben ihr die Kassenchefs die richtigen Antworten.

KOMMENTARVON ULRIKE WINKELMANN

Es bleibt abzuwarten, in welcher Münze AOK, Barmer & Co. sich die Ankündigung bezahlen lassen, sie würden gegen Jahresende die Beiträge um ein Null-Komma-Prozentpünktchen senken. Dies Schauspiel wiederholt sich: Die Kassen kündigen für einen unbestimmten Termin Beitragssenkungen in unbestimmter Höhe an und das Gesundheitsministerium verkündet: „Die Reform wirkt“ oder „greift“.

Doch nach allem, was den Versicherten zugemutet wird, ist es freilich eine Selbstverständlichkeit, dass die Kassen in diesem Jahr Überschüsse erwirtschaften und diese als Beitragssenkung zurückreichen. Zudem sind diese, gemessen an der Härte der Einschnitte, minimal. Die Patienten zahlen Milliarden an Praxisgebühr und Zuzahlungen und kommen privat für Brillen oder Allergiemedikamente auf. So schnell kann die Pharmaindustrie ihre Pillenpreise gar nicht in die Höhe schrauben, dass all das freigesetzte Geld gleich wieder geschluckt würde.

Doch bis zum Jahresende wird das Ritual der angekündigten Beitragssenkung für die Regierung noch eine andere Rolle spielen. Gegenwärtig wird die Empörung über die Gesundheitsreform von der Empörung über die Hartz-IV-Reform überdeckt. Allerdings beginnt jetzt das Tauziehen um die beste Lösung, wie die Extraversicherung des Zahnersatzes zu bewältigen ist. Hinzu kommt die Frage, wie man die vom Bundesverfassungsgericht verhängte Belastung Kinderloser in der Pflegereform umsetzt, ohne einen weiteren Volksaufstand zu provozieren.

Für beide Manöver braucht Ulla Schmidt die Kooperation der Kranken-(und Pflege-)kassen sowie der Union. Da hilft es doch sehr, wenn es zur Vergewisserung, dass bislang alle einen prima Job gemacht haben und der Rest doch auch nicht so wehtun wird, ein kleines, banales Schauspiel aufzuführen gibt: Die Kassen kündigen Beitragssenkungen an! Nächstes Quartal wieder.

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