Das Ende einer Liga

Drei Jahre lang rannten Frauen in den USA einem Fußball als Profis hinterher. Weil das weder im Fernsehen noch im Stadion genügend Menschen sehen wollten, wird die Wusa nun eingestellt

aus Atlanta RAINER HENNIES

Die Bombe platzte mit lautem Getöse und schon fünf Tage vor dem Start: Am Samstag beginnt in den USA die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen, bereits gestern jedoch erklärte die US-Frauen-Profiliga Wusa nach nur drei Spielzeiten ihre Pleite. „Wir stellen den Ligabetrieb mit sofortiger Wirkung ein“, gab Wusa-Chef John Hendricks bekannt. Der Medienmogul, Gründer der Liga, Anteilseigner mehrerer Teams sowie Boss von „Discovery Channel“, erklärte das jährliche Defizit von rund 20 Millionen Dollar als Grund für das plötzliche, letztendlich aber nicht ganz unabsehbare Aus. Zusätzliche Sponsoren, die das Finanzloch schließen könnten, habe man nicht gefunden, die Finanzreserven der jetzigen Investoren wiederum seien aufgebraucht. Das Ende war unvermeidlich, auch wenn es nicht endgültig bleiben soll.

Möglicherweise wird die Liga nämlich schon 2005 einen Neustart wagen. „Wir haben einen Plan und die Infrastruktur für fünf Jahre. Die Finanzbasis ist vorhanden. Es werden lediglich einige zusätzliche Sponsoren benötigt, die der Markt im Moment nicht hergibt“, so Hendricks. Dehalb habe er auch Gespräche mit den Verantwortlichen der Football-Liga NFL sowie der MLS, der Fußballliga der Männer, geführt. Hintergrund: Das schmale Zeitbudget, das dem Frauenfußball auf dem US-amerikanischen Fernsehmarkt gegeben ist. Um sich dort etablieren zu können, wären weit höhere TV-Ratings als die zuletzt erzielten notwendig; der Frauenfußball aber hat die Vorgaben nur regional und somit bedingt erfüllt. Erschwerend hinzu kommt, dass die Olympischen Spiele in Athen nächsten Sommer mit ihrem Zeitplan die Situation auf dem Fernsehmarkt noch verschärfen dürften – und die Wusa dann übertragungstechnisch ganz ins Hintertreffen geraten könnte. Auch die Zuschauerzahlen in den drei gespielten Spielzeiten blieben hinter den Erwartungen zurück. Zwar besuchten im Schnitt gut 6.000 Zuschauer die Partien der fußballernden Frauen, eine Zahl, die in Deutschland utopisch wäre; in den USA kalkuliert aber wurde doch mit einigen mehr.

Nun setzt die Wusa ganz auf die Weltmeisterschaft im eigenen Land. Die WM mit ihrer enormen Zugkraft könnte der Motor sein, um den Karren wirtschaftlich doch noch aus dem Dreck zu ziehen, zumindest im Hinblick auf 2005; immerhin sind 58 Wusa-Spielerinnen aus elf Ländern auch bei der WM mit ihren Nationalteams vertreten. „Wir lassen die Türen auf jeden Fall geöffnet“, sagt Hendricks.

Die amerikanischen Nationalspielerinnen scheinen die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. „Wir geben nicht auf“, sagt beispielsweise Mia Hamm. „Es steckt zu viel Gutes in dieser Liga, und ich bin stolz, ein Teil davon zu sein“, so der Superstar der amerikanischen Mannschaft. Hamm verspricht: „Wir geben alles, damit die Kraft des WM-Turniers Investoren ermöglicht, die die Wusa retten. Es ist jetzt klar: Wir spielen diese WM nicht nur für uns allein, sondern für die gesamte Liga.“ Daraus, so Hamm, erwachse für das Team USA eine zusätzliche Motivation. „Das Drama um die Wusa ist ernst und stimmt mich sehr traurig. Das ist mehr, als hätte man nur einen Bus verpasst.“ Auch Nationaltrainerin April Heinrichs weiß um die Bedeutung der Liga und den Ernst der Lage. „Die Wusa hat dem Frauenfußballsport in den USA gut getan. Sie hat uns neue Talente fürs Nationalteam beschert. Wir müssen jetzt sehen, das wir mit unseren Auftritten neue Investoren inspirieren können“, sagt sie.

Selbst Bundestrainerin Tina Theune-Meyer, die nach Ankunft der deutschen Frauen in ihrem WM-Quartier in Columbus/Ohio von dem Aus erfuhr, äußert sich besorgt, hofft aber, „dass da viel Taktik in den Entscheidungen steckt und sich nun weitere Sponsoren finden lassen, um die Liga doch noch zu retten“. Denn immerhin sind auch mehrere deutsche WM-Spielerinnen von dem Aus und der Kündigung der Verträge betroffen, unter anderem Birgit Prinz, die Frankfurterin Sandra Minnert (Washington Freedom) sowie die Potsdamerin Conny Pohlers (Atlanta Beat), deren Zukunft derzeit ungewiss ist. Die Wusa war nach der WM 1999 in den USA nach mehrjähriger Vorbereitung von Medienmogulen gemeinsam mit 20 Weltmeisterspielerinnen des US-Teams gegründet worden und bis vor kurzem die einzig funktionierende Profiliga im Frauenfußball. Erst seit diesem Jahr existiert in China eine zweite Profiliga für Frauen.