Pokalstimmung nur auf Tribüne

Nach dem DFB-Pokalsieg beim Drittligisten Düsseldorf feiert der VfL Bochum das Erreichen des ersten Saisonziels. Fortuna findet sich mit der Niederlage ab und konzentriert sich nun auf die Meisterschaft

Neururer hofft, „dass die Fortuna schnell wieder in der Bundesliga spielt“

AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER

An einem Nachmittag der Nettigkeiten fielen nur die Politiker aus der Reihe. Zum vermeintlichen Düsseldorfer „Spiel des Jahres“ hatten sich am Samstag wahlkampfgemäß auch CDU-Oberbürgermeister Joachim Erwin und seine Herausforderin Gudrun Hock auf der VIP-Tribüne am Flinger Broich eingefunden. Doch der ewig grinsende Rathauschef und die sozialdemokratische Kandidatin würdigten sich keines Blickes. Das DFB-Pokalspiel zwischen Fortuna und dem VfL Bochum endete dagegen friedlich-freundlich 3:1 für den Bundesligisten. Und nach Spielende überschütteten sich beide Seiten mit Komplimenten.

Logischerweise stellte der Bundesligist vor 8.300 Zuschauern im Paul-Janes-Stadion die bessere Elf. Bochums Abwehrrecken Kalla und Colding waren zweikampfstärker als die Fortuna-Verteidiger Böcker und Hoersen. VfL-Kreative wie Wosz und Bechmann spielten schöner als die nicht vorhandenen Düsseldorfer Spielmacher – der Regionalligist hatte seinen spielstärksten Akteur Michael Zeyer vor Saisonbeginn aussortiert, der neue Regisseur Mariano Pasini ist noch nicht spielberechtigt. Und Bochums EM-Teilnehmer Lokvenc und Madsen sind natürlich torgefährlicher als die Fortuna-Angreifer Podszus und Mayer.

Nur kurz konnten die Heimfans im Düsseldorfer Stadtteil Flingern zusehen, wie ihre Fortuna (DFB-Pokalsieger von 1979 und 1980) den krassen Favoriten aus Bochum (Pokal-Finalist 1968 und 1988) ärgerte. Wegen des müden Bochumer Starts ging der Außenseiter nämlich in Führung. Podzus verwertete einen üblen Luft-Befreiungsschlag von VfL-Verteidiger Knavs nach zehn Minuten zum umjubelten 1:0. Als die Fortuna-Fans schon sangen „Erste Liga – keiner weiß warum?“, wachten die Bochumer auf und spielten 20 Minuten lang intensiven Offensivfußball. Mit dem Doppelschlag von Madsen waren die Fortunen noch gut bedient. Weitere Unsicherheiten im Düsseldorfer Strafraum konnten Bechmann und erneut Madsen nicht ausnutzen.

Als Lokvenc nach 57 Minuten für den 3:1-Endstand sorgte, hatte die Fortuna ihre Offensivbemühungen bereits weitgehend eingestellt. Der Rest war Mittelfeld-Posing und Durchwechselei. Wie in einem Freundschaftsspiel taten sich beide Seiten in der letzten halben Stunde kaum noch weh. Düsseldorf hatte nicht die Mittel für eine Aufholjagd, Bochum keine Motivation für eine torreichere Spielgestaltung.

„Uns fehlt Substanz“, sagte 1990er-Weltmeister und Fortuna-Manager Thomas Berthold nach Spielende. Gegen einen „spielstarken UEFA-Cup-Teilnehmer“ könne die Fortuna nichts ausrichten. Düsseldorfs Trainer Massimo Morales lobte ebenfalls den Gegner: „Für uns war das ein schönes Erlebnis, gegen eines der spielstärksten Teams der Bundesliga anzutreten.“ Seine Mannschaft habe sich „gut präsentiert“. Nach durchwachsenem Start in der Liga muss sich der Italiener jetzt dem Saisonziel Zweitliga-Aufstieg widmen. Für einen ambitionierten Regionalliga-Club wie Düsseldorf ist der DFB-Pokal eher ein zweitrangiger Termin. Nutzten unterklassige Teams den Pokal früher gern zur bundesweiten Profilierung, gilt in der dritten Liga heutzutage das Primat der Meisterschaft. Niemand will das neue Sandhausen oder Vestenbergsgreuth sein, statt Pokalwundern sind Promotionsfeiern das große Ziel.

VfL-Coach Peter Neururer freute sich dagegen über das „Erreichen des ersten Saisonziels“. Nach dem frühen Ausscheiden im letztjährigen DFB-Pokal sei ein Weiterkommen gegen seinen Ex-Verein „Pflicht“ gewesen. Die Düsseldorfer Komplimente gab Neururer artig zurück: „Ich hoffe, dass die Fortuna ganz schnell wieder in der Bundesliga spielt.“ Denn da gehöre der Traditionsverein vom Rhein hin.

Echte Pokalstimmung gab es nur auf der Tribüne. Bei Schlägereien alkoholisierter Fans, selbstreferenziellen Gesangsduellen der Anhänger und beim Duell der Kommunalpolitiker Erwin und Hock. Eisern schwiegen sich die spinneverfeindeten Konkurrenten an – 90 Minuten lang.