Kriegsdrohungen aus Teheran

Im Streit über Irans Atomprogramm hat sich die Tonlage verschärft. Für den Fall eines Angriffs kündigt Iran militärische Gewalt gegen Israel und die USA an. Die USA wollen den UN-Sicherheitsrat einschalten. EU scheint auf härteren Kurs einzuschwenken

VON BAHMAN NIRUMAND

Irans Verteidigungsminister Ali Schamchani hat den USA mit militärischer Gewalt gedroht. „Wir werden nicht mit verschränkten Armen dasitzen und darauf warten, was andere gegen uns unternehmen“, sagte Schamchani dem arabischen Fernsehsender al-Dschasira. Die USA sollten wissen, dass „ein Präventivschlag kein amerikanisches Monopol ist“. Auf die Frage, ob er einen Angriff der USA oder Israels auf iranische Atomanlagen für möglich halte und wie Iran darauf reagieren würde, sagte der Minister, Teheran würde einen solchen Angriff als Kriegserklärung ansehen und „mit allen unseren Mitteln zurückschlagen“.

Er sei sicher, dass jede möglich militärische Aktion Israels mit den USA abgesprochen sei. „Uns ist klar, dass Israel ein böses Gebilde ist. Wir wissen auch, dass Israel keine Militäroperation ohne grünes Licht aus Amerika starten wird.“

Schamchani konkretisierte seine Drohung, indem er sagte, die USA seien nicht die einzige Macht, die in der Region militärisch präsent sei. „Wir sind auch da, in Afghanistan und am Persischen Golf, und wir können auch, wenn wir wollen, im Irak präsent sein.“ Sollte ein Angriff gegen Iran stattfinden, würden die US-Streitkräfte im Irak „Geiseln in iranischen Händen“ werden.

Auch der kommandierende General bei der Militär-Organisation „Wächter der Revolution“, Mohammad Bagher Solghadr, äußerte sich vor der iranischen Presse über einen möglichen Angriff Israels gegen iranische Atomanlagen. Sollte Israel einen solchen Angriff wagen, werde Iran im Gegenzug den israelischen Atomreaktor Dimona bombardieren. Dann werde Israel „für die Folgen dieses schrecklichen Schrittes die Verantwortung tragen“.

Die schroffen Äußerungen der iranischen Militärs sind als Reaktionen auf die in den letzten Wochen verschärften Attacken Tel Avivs und Washingtons gegen Irans Atomprogramm zu verstehen. Israel scheint überzeugt zu sein, dass Iran den Bau von Atombomben plant. Israels Militärgeheimdienstchef General Aharon Seevi Farkasch sagte unlängst im israelischen Fernsehen: „Iran hat nicht die Absicht, sein Atomprogramm zu beenden. Wenn es bis Frühjahr 2005 fortgesetzt wird, wird Teheran in den darauf folgenden zwei Jahren die Atombombe besitzen.“ Nach Berichten der israelischen Presse haben Israels Geheimdienst und Armee der Regierung bereits Pläne zur Bombardierung iranischer Atomanlagen vorgelegt.

Auch die USA haben in den letzten Wochen, nachdem sowohl das iranische Parlament als auch die Regierung ihre Entschlossenheit bekundet hatten, „das Programm zur friedlichen Nutzung der Atomenergie“ fortzusetzen, den Druck auf Teheran erheblich verschärft. US-Außenminister Colin Powell erklärte, Washington werde darauf drängen, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten, um mögliche Sanktionen gegen Iran zu beschließen.

Auch die EU scheint, nach dem Scheitern der Verhandlungen unter Führung von Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Juli, die Hoffnung auf diplomatische Lösungen aufgegeben und sich dem harten Kurs Washingtons angenähert zu haben.

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Iran, nachdem die Konservativen bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit errungen haben, zunehmend in die Isolation gerät. Dass tatsächlich ein militärischer Angriff der USA oder Israels gegen Iran stattfindet, scheint trotz der Erfahrungen im Irak nicht mehr ausgeschlossen. Im Gegenteil. Ein amerikanischer Diplomat sagte: „Solange in Iran die Konservativen an der Macht sind, wird es im Irak keinen Frieden geben.“