Ausländer raus, Soldaten rein

Dschibuti, afrikanischer Militärstützpunkt von USA, Frankreich und Deutschland, verjagt seine Illegalen

BERLIN taz ■ Der letzte Zug verließ Dschibuti am Montag kurz vor Sonnenuntergang. 300 Äthiopier, viele davon beladen mit Fahrrädern und gigantischen Plastiktüten, bestiegen die Güterwagen in ihr Heimatland. Anderswo drängten sich Somalis in Busse. In der Nacht zu gestern lief in Dschibuti ein Ultimatum der Regierung an die illegalen Einwanderer in ihrem Land ab: entweder freiwillig zu gehen – oder von der Polizei gejagt und deportiert zu werden.

Etwa 80.000 Illegale zählt Dschibuti unter seinen 630.000 Einwohnern, fast ausnahmslos aus den Nachbarländern Somalia und Äthiopien. Die beiden Länder sind bitterarm und immer wieder von Kriegen und Hungersnöten geplagt. Dschibuti hingegen ist reich und relativ stabil. Es beherbergt Europas größten Militärstützpunkt in Afrika mit 2.800 Franzosen, dazu neuerdings auch 1.500 US-Soldaten und die deutsche Marine.

Die Angst der USA vor einsickernden Islamisten in Dschibuti gilt als Hauptgrund dafür, warum Dschibutis Regierung Ende Juli beschloss, alle Illegalen bis Ende August auszuweisen – eine Frist, die später bis 15. September verlängert wurde. „Sicherheitsgründe“ machte Innenminister Abdulakader Dualeh Wais geltend. Bis zu 75.000 Menschen verließen zum Ablauf der Frist das Land freiwillig. Etwa 6.000 Menschen drängten sich außerdem in ein UN-Lager.

Unter den Ausgewiesenen waren nämlich auch zahlreiche Migranten, die nirgendwo hinkönnen: Somalis, die in den 70er- und 80er-Jahren vor dem Krieg ihrer damaligen Regierung gegen die Völker der Nordhälfte Somalias flohen und in der heute dort bestehenden Sezessionsrepublik „Somaliland“ ihre Aufenthaltsberechtigung nicht mehr nachweisen können. Oder politische Flüchtlinge der Somali- oder Oromovölker Äthiopiens, die als Sympathisanten von Rebellen verdächtig sind.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker kritisiert, es werde „dem Verfolgerstaat Äthiopien gestattet, seine geflohenen Staatsbürger mit Soldaten einzufangen“, und „der äthiopische Geheimdienst operiert seit Monaten offen“ in Dschibuti. Somalische Illegale kritisieren, es gebe viele Unklarheiten bei der Frage, wer Dschibuter sei und wer nicht, da auf beiden Seiten der Grenze zwischen Dschibuti und Somaliland dieselben Völker leben.

„Ich wurde in Dschibuti geboren, aber meine Mutter kam 1968 und hat immer noch keine Papiere“, berichtete Ende August ein somalischer Illegaler in einer Internetdiskussion. „Wenn sie jetzt keine Papiere kriegt, wird sie dann nach Somaliland deportiert? Ich kenne viele Angehörige des somalischen Issa-Clans, die hier legal angesiedelt worden sind. Aber als meine Mutter 1988 die Einbürgerung beantragte, sagte der Zuständige: Erst sind die Issa dran.“ Zurückgebliebene Illegale müssen sich nun auf ständige Polizeikontrollen gefasst machen und verstecken sich.

Nach Berichten aus Dschibuti sind die Moscheegelände, wo viele Migranten Unterschlupf fanden, verwaist. Straßenhändler, Dienstboten und andere Arbeiter des informellen Sektors fehlen. DOMINIC JOHNSON