Export, Export über alles

Industrieländer verhandeln über ökologische und humanitäre Richtlinien für Ausfuhrbürgschaften. Trotz rot-grüner Versprechen bremst Deutschland – und setzt auf Geheimniskrämerei. NGOs fordern, endlich die Schlupflöcher zu schließen

von REINER METZGER

Wenn es um die Interessen ihrer Exportwirtschaft geht, dann neigen selbst demokratische Staaten gern zur Geheimniskrämerei. Seit gestern verhandeln in Paris die Industriestaaten über neue Leitlinien für ihre Exportbürgschaften. Die Kriterien für solche Staatsbürgschaft bei Geschäften mit ärmeren Ländern sind meist blind für Menschenrechte und Umweltschutz. Das soll laut offizieller Lesart zwar besser werden. Trotzdem ziehen es die Abgesandten vor, den anwesenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) den Verhandlungsentwurf für ihre neue Leitlinie vorzuenthalten.

„Noch immer haben einige Länder nicht verstanden, dass Transparenz eine Grundvoraussetzung für demokratische Prozesse ist“, klagt Heike Drillisch von der Entwicklungsorganisation Weed in Berlin. „Auch Deutschland und Japan.“

Dreißig Industrieländer verhandeln nun unter dem Dach der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) – bis zum Jahresende sollen die neuen Leitlinien stehen. Sie sind ein wichtiges Instrument: Jährlich lassen sich Firmen aus Industriestaaten Exporte im Wert von 350 bis 500 Milliarden Dollar versichern.

Oft werden aus Bürgschaften Schulden der Entwicklungsländer: Bereits ein Viertel der langfristigen Verschuldung dieser Staaten besteht gegenüber Exportkredit-Institutionen, berechnete die Weltbank. Tendenz steigend. Denn meist greifen die Bürgschaften nur, falls das Entwicklungsland für Pleiten seiner Firmen haftet.

Organisationen wie Weed kritisieren dabei vor allem Staatsgarantien für umstrittene Großprojekte, sei es der chinesische Dreischluchten-Staudamm, osteuropäische AKWs oder die geplante Pipeline von Aserbaidschan in die Türkei (www.weed-online.org). Wo deutsche Firmen Geld verdienen, sind Menschenrechte, Umweltschutz und entwicklungspolitische Kriterien nur sekundär, so ist noch immer der Standpunkt des federführenden Wirtschaftsministeriums.

Das soll sich offiziell nun mit den neuen OECD-Leitlinien ändern. Regine Richter von der Organisation Urgewald zweifelt jedoch am Willen der Industriestaaten. „Was bisher über die Verhandlungsposition bekannt ist, lässt nichts Gutes hoffen“, so Richter gestern.

Eigentlich müssten die NGOs bei der rot-grünen Regierung damit offene Türen einrennen, hatte die doch in ihren Koalitionsverträgen Ähnliches versprochen. Es gab auch leichte Verbesserungen bei der Kreditvergabe über die Hermes AG. Der Bau von AKWs soll nicht mehr unterstützt werden. Und seit 2001 werden bewilligte Bürgschaften veröffentlicht – aber nur, wenn der Exporteur zustimmt.

„Die damals erlassenen Kriterien der Bundesregierung sind ebenso vage und unverbindlich wie der OECD-Entwurf“, sagt Heike Drillisch. Die lange geforderte und von den USA und Japan bereits praktizierte Bekanntgabe der Kreditersuchen vor der Genehmigung etwa wird vom Wirtschaftsminister blockiert. Alles soll geheim bleiben.