Minister versenkt Reform im Sommerloch

NRW-Justizminister Gerhards setzt nicht mehr auf große Reform des öffentlichen Dienstes. Kritik vom Koalitionspartner

DÜSSELDORF taz ■ Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) hat die geplante Reform des Beamtentums aufgegeben. „Die angestrebte Schaffung eines einheitlichen Dienstrechtes werden wir wahrscheinlich nicht hinbekommen“, sagte Gerhards der Nachrichtenagentur ddp. In der Föderalismus-Kommission von Bundesrat und Bundestag werde eine Angleichung von Beamten und Angestellten abgelehnt. „Und wenn in der Kommission dafür die politische Mehrheit fehlt, wird sie auch nicht im Bundesrat zustande kommen“, so Gerhards.

Kritik an der Haltung des Koalitionspartners kommt von den NRW-Grünen. „Der Minister sollte das Ziel nicht aufgeben, bevor er alles versucht hat“, sagte Monika Düker, innenpolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion, gestern zur taz. „Unken hilft nicht weiter. So kann man ein Land nicht reformieren“, sagte Düker. Die Strukturreform für ein einheitliches, leistungsbezogenes Beschäftigungsrecht im öffentlichen Dienst dürfe Rot-Grün nicht aufgeben. „Das wirft man nicht einfach in die Mülltonne“, so Düker. Die Grünen unterstützten weiter SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück, der sich vor der Sommerpause noch einmal deutlich für eine Reform ausgesprochen habe. Falls es in der Föderalismus-Kommission zu keiner Einigung komme, sollte NRW wie geplant eine Bundesrats-Initiative starten, fordert die grüne Innenpolitikerin.

Seit Monaten streiten SPD und Grüne um eine Reform des Beamtenapparats. Im Juli hatten sozialdemokratische Reformgegner in Landesregierung und Fraktion auf Druck der Beamtenlobby durchgesetzt, dass NRW vorerst auf eine Bundesrats-Initiative zum Thema verzichtet. Die SPD-Landtagsfraktion bestand darauf, dass NRW nur noch „in den laufenden Beratungen über die Föderalismusreform weiterhin auf eine Übertragung von mehr Zuständigkeiten für Fragen des öffentlichen Dienstrechtes vom Bund auf die Länder hinarbeitet“. Doch in der Föderalismus-Kommission sitzt mit Justizminister Gerhards ausgerechnet ein Reformskeptiker.

Bei der SPD versteht man die Gerhards-Äußerungen nicht als Absage an eine Dienstrechts-Novelle. SPD-Fraktionsvize Horst Vöge wollte von einem Reform-Aus auf taz-Anfrage nichts wissen: „Wenn wir jetzt hören, dass es derzeit noch keine Mehrheit für ein einheitliches Dienstrecht gibt, dann werden wir dieses Brett weiterbohren müssen.“ Auch FDP-Fraktionschef Ingo Wolf forderte, das „Dienstrecht auf seine Kernaufgaben zu reduzieren“. MARTIN TEIGELER