Rotzlöffel der Weltgeschichte

Leichte Kost: Viel Klamauk und wenig Klarheit auf der „Bremen-konferenz“ im Rahmen von „Niemand ist eine Insel“

Immerhin war es eine der unterhaltsamsten Debatten, die der Plenarsaal der Bremer Bürgerschaft bisher erlebt hat. Was von ihr bleiben wird, ist jedoch einzig die drastische Kritik an der von männlichen Egomanen, Alkoholikern, Nihilisten und großen Kindern dominierten Weltgeschichte. Bei der „Bremen-konferenz“ handelte es sich um eine Performance im Rahmen des derzeit durch Bremen tobenden Mega-Kunstprojekts „Niemand ist eine Insel“.

Es debattierten willkürlich ausgewählte „große Männer der Geschichte“. Unter anderen lümmelten sich Jesus, Churchill und Mozart auf dem Rednerpult der Bürgerschaft und ließen sich launig und alkoholisiert über letzte und vorletzte und allerletzte Fragen zur zeitgenössischer Kultur aus.

Deutlich machte die „Bremen-konferenz“ zwei Dinge: Ein Vollblutpolitiker à la Churchill kann phrasendreschend die Kultur-Elite niederreden und die „großen Männer“ sind außerhalb ihres Schaffensbereiches ziemlich arme Würstchen.

Darüber hinaus gab es kaum Erkenntnisgewinn. Denn zu oft stand die Komik vor den hin und wieder spontan aufblitzenden Aussagen anstatt sie hervorzuheben. Möglicherweise hatten die Schauspielerinnen zu viel Spaß an den witzigen, detailreichen Parodien ihrer Charaktere. Mozart war der nervige alberne Rotzlöffel, Van Gogh der weltfremde, übellaunige Egomane, Roland der Ritter griff sich immer wieder ans übergroße Gemächt und skandierte „Krieg ist die Lösung“.

Überraschen konnte einzig Jesus: Er trat als „nach 2000 Jahren predigen“ zynisch gewordene, desillusionierte Figur auf. Die von Bob Dylan verlesenen großen Fragen nach konzeptioneller Kunst und dem Nahost-Konflikt verpufften jedoch im Absurden.

Als Kontrast zur Komik sollten die DarstellerInnen unabhängig vom Charakter eigene Ansichten entgegensetzen. Das taten sie, doch die Zwischenrufe wie „Jesus hat überhaupt keinen Humor“ oder „Kunst hat noch keinen Krieg gelöst“ blieben zu mager. Holger Heitmann