Grüne basteln Gratis-Kita

Die Fraktion fordert schrittweise Gleichstellung von Schule und Kita: Vorschulische Betreuung müsse kostenlos sein. Für die Finanzierung haben die Grünen „stille Sparreserven“ im Haushalt ausgemacht

von SUSANNE LANG

Der Hoffnungsschimmer für gebührengeplagte Eltern hat eine Farbe bekommen, und die ist ganz klassisch: Grün. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen will nicht nur die vom Senat beschlossene Erhöhung der Kitagebühren rückgängig machen. Sie schlägt außerdem vor, das letzte Kitajahr vor Schulbeginn für alle Kinder kostenlos anzubieten.

Eltern sollen zudem unabhängig von Arbeit oder Ausbildung einen Anspruch darauf haben, dass ihre Kinder einen ganztägigen Kitaplatz erhalten. Die Fraktion hat einen entsprechenden Antrag ins Parlament eingebracht und ein Modell zur Gegenfinanzierung vorgelegt.

„Unser Ziel bleibt die kostenlose Vorschule“, sagte gestern Sibyll Klotz, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Die Politikerin forderte ein grundsätzliches bildungspolitisches Umdenken. Kindergärten müssten als Teil des Bildungssystems denselben Rang wie Schulen erhalten und konsequenterweise kostenfrei sein. Angesichts der Haushaltslage in Berlin könne dies nur schrittweise erreicht werden.

Dass die Grünen dabei als Erstes einen Akzent auf den Übergang von Kita zur Grundschule legen, begründen sie mit der pädagogischen Bedeutung dieser Phase. Auch im Hinblick auf die geplante Verlagerung der Horte und Vorschulklassen an Kindertagesstätten sei der Übergang vor allem wichtig, um den Spracherwerb zu fördern. Insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund oder aus einkommensschwachen Elternhäusern dürfe es keine finanzielle Hürden geben, um sich vor der Einschulung möglichst gute Deutschkenntnisse anzueignen, betonte Klotz.

Der rot-roten Koalition warf die Fraktionsvorsitzende im Bezug auf ihre Bildungspolitik hingegen Wahlbetrug vor. Von dem Versprechen, dass Bildung Priorität haben werde und an ihr nicht gespart werden dürfe, sei wenig realisiert. Elfi Jantzen, sozialpolitische Sprecherin und Kitaexpertin der Grünen, kritisierte, dass die Koalition „Großbaustellen“ hinterlasse. Angesichts von Umstrukturierungen wie der Verlagerung von Horten an die Kitas oder der Übertragung in freie Trägerschaft seien ErzieherInnen verunsichert. „Darunter leidet die pädagogische Arbeit.“ Unter diesen Umständen sei fragwürdig, ob das geplante Bildungsprogramm für Kitas umgesetzt werden könne.

Im Unterschied zu Gewerkschaften oder Elternverbänden, die zuletzt ähnliche Kritik äußerten und ebenso eine kostenfreie vorschulische Betreuung fordern, präsentierten die Grünen gestern auch ein Modell, wie die ersten Schritte zur Gratis-Kita finanziert werden könnten. Nach Ansicht von Oliver Schruoffeneger, Haushaltsexperte der Grünen, könnten alleine die Kosten für das Personal im Überhang, das die Koalition über einen Stellenpool nun schrittweise abbauen will, um mindestens 20 Prozent abgesenkt werden. Sie seien zu hoch veranschlagt. Erwartete Einsparungen, die sich aus der natürlichen Fluktuation in Form von Pensionierungen ergäben, seien bislang nicht im Haushalt ausgewiesen, sondern als „Polster versteckt“.

Insgesamt veranschlagt Schruoffeneger die Höhe der Ausgaben für ein kostenloses letztes Kitajahr auf 10 Prozent der Gesamtausgaben für Kitas. Nach Angaben des Finanzexperten wären dies knapp sieben Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt beziffert der Abgeordnete die „stille Sparreserve“ des Finanzsenators Thilo Sarrazin (SPD) auf 150 Millionen Euro im Jahr.