Exmilitär begeistert die US-Demokraten

Als letzter, aber wohl aussichtsreichster Kandidat geht der General a. D. Wesley Clark gegen George W. Bush ins Rennen

WASHINGTON taz ■ „Das politische Amerika hat auf diesen Moment gewartet“, kommentierte ein TV-Journalist die Entscheidung von Wesley Clark, bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2004 gegen George W. Bush anzutreten. Das Medieninteresse am früheren Nato-Oberbefehlshaber und Kommandeur im Kosovokrieg verdrängte am Dienstag völlig die Nachricht, dass auch Senator John Edwards aus North Carolina bekannt gab, US-Präsident werden zu wollen.

Wer Clark im Frühjahr als allseits eloquenten Experten auf CNN sah und hörte, wie er mit scharfer Zunge die Außenpolitik der US-Regierung sachkompetent kritisierte, fragte sich unweigerlich: Warum fordert dieser Mann nicht Bush heraus? Den Impuls, dass es jemanden mit diesem Format braucht, einen General, der weiß, wovon er spricht, wenn er das Wort Krieg in den Mund nimmt, um einen Präsidenten zu schlagen, der leichtsinnig in die Schlacht zog, hatten offenbar hunderttausende im ganzen Land. Sie überschütteten ihn mit Briefen und E-Mails, in denen es hieß: „Amerika braucht Sie“.

Seiner Anhängerschar ist parteiübergreifend. Konservative werben auf einer Webseite „Republikaner für Clark“. Amerikas Vorzeigelinker Michael Moore, Autor des Bestsellers „Stupid White Men“, äußert in einem offenen Brief seine Bewunderung für Clark und ermuntert ihn zum Rennen um das Weiße Haus. Bill und Hillary Clinton zeigen sich begeistert von Clark. Unter vielen Demokraten gilt der 58-Jährige als Idealkandidat und Integrationsfigur. Er kann auf eine Musterbiografie verweisen, studierte an der renommierten Militärakademie in West Point und in Oxford, wurde im Vietnamkrieg vierfach verwundet und stieg rasch in der US-Militärhierarchie bis an die Spitze der Nato auf.

So werden 13 Monate vor dem Urnengang die Karten im bisherigen Bewerberfeld der Demokraten noch einmal neu gemischt. Zwar bemühten sich alle anderen Kandidaten redlich, ihr außen- und sicherheitspolitisches Profil zu schärfen, aber an Clarks Autorität und praktische Erfahrung reichen sie nicht heran. Er ist am ehesten in der Lage, mit dem alten Problem der Demokraten aufzuräumen, in Fragen von Verteidigung und nationaler Sicherheit gegenüber den Republikanern stets als weniger kompentent angesehen zu werden.

Sicher, Clarks später Einstieg in das Rennen hat Nachteile. Ein schlagkräftiges Wahlkampfteam muss noch aufgebaut und viele Millionen Spenden gesammelt werden. Doch – und das ist das Phänomen Clark – bevor er überhaupt laut über eine Kandidatur nachdachte, haben sich landesweit Dutzende Unterstützergruppen gebildet, die bereits TV-Kampagnen schalteten, Büros einrichteten und nun Gewehr bei Fuß stehen, um den laut Umfragen bislang kaum bekannten Mann ins Rampenlicht zu heben.

Bush setzt darauf, dass noch immer nicht Wirtschaftslage und Sozialsystem die Wähler bewegen, sondern 11. September und Antiterrorkrieg. Wenn das stimmen sollte, dann hat tatsächlich nur ein General, der Bücher mit dem Titel schreibt „Wie man moderne Kriege führt“ eine Chance, den Junior aus dem Amt zu jagen. MICHAEL STRECK