Joachim Erwin in der Bananenrepublik

Gegen Düsseldorfs CDU-Oberbürgermeister wird wegen Steuerhinterziehung ermittelt. Nach monatelangem Schweigen hat Joachim Erwin das Gerücht nun selbst bestätigt – einen Monat vor den Kommunalwahlen

DÜSSELDORF taz ■ Jetzt hat Joachim Erwin die Katze selbst aus dem Sack gelassen: Der CDU-Oberbürgermeister von Düsseldorf bestätigte am Montag, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung laufe. Bisher war lediglich von „Prüfungen“ der Düsseldorfer Staatsanwaltschaf die Rede.

„Ja, es gibt ein Ermittlungsverfahren“, sagt jetzt auch Johannes Mocken, Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. Nun habe Erwin selbst davon geredet, da könne auch er sein Schweigen brechen. Mehr möchte Mocken allerdings nicht preisgeben. „Es geht um Steuergeheimnisse, wir unterliegen damit der Schweigepflicht.“ Wann es erste Ergebnisse gibt, kann Mocken ebenfalls nicht sagen. „Ermittlungsverfahren sind wie eine Wundertüte, jeden Tag kann etwas Neues passieren.“

Das Ehepaar Erwin soll, so die Vorwürfe, fünfstellige Zinserträge aus einem in Luxemburg angelegten Millionenvermögen nicht versteuert und auch Spekulationsgewinne mit Aktien nicht angegeben haben. Die Finanzbehörden sahen den Fall schon im vergangenen Dezember offenbar als so gravierend an, dass sie die Staatsanwaltschaft einschalteten.

CDU-Hardliner Erwin sieht sich hingegen als Opfer. „Ich komme mir vor wie in einer Bananenrepublik“, sagte er, wenn er nur daran denke, dass seine Steuerakte überall herumgeschickt werde. Überhaupt seien alle Anschuldigungen lächerlich. Erwin hatte seine Probleme mit der Steuererklärung als Streit um steuerrechtliche Feinheiten dargestellt, der bei jedem anderen Bürger niemals zu einem Ermittlungsverfahren geführt hätte. Seinen Steuerberater soll der Politiker aber gewechselt haben. Inzwischen möchte sich das Stadtoberhaupt nicht mehr zu dem Verfahren äußern, so eine Sprecherin.

Seine Herausforderin von der SPD, Gudrun Hock, kommentiert das Verfahren einen Monat vor den Kommunalwahlen erstmals öffentlich. „Erwin soll all seine Einkünfte offen legen und aufhören, das verfolgte Opfer zu spielen“, fordert Hock. Bevor Erwin Krokodilstränen vergieße, solle er selbst zur Aufklärung beitragen. Hock hat die günstige Wahlkampf-Situation genutzt und ihre Bezüge aus Sitzungen und Aufsichtsräten offen gelegt: Sie gibt an, in den vergangenen vier Jahren gut 38.000 Euro zusätzlich eingenommen und davon 2.630 Euro wieder abgeführt zu haben. Gleichzeitig fordert sie von Erwin, seine Bezüge bis Ende August ebenfalls offen zulegen.

Dass der Christdemokrat dem Wunsch seiner Gegenspielerin nachkommt, ist unwahrscheinlich. Alle Anschuldigungen prallten bisher an ihm ab. Erwin sieht sich nicht zum ersten Mal als Opfer politischer Justiz. Im vergangenen Oktober verlor der Oberbürgermeister einen Prozess gegen den PDS-Ratsherrn Frank Laubenburg, den er in einer Ratssitzung einen „verrückten Kommunisten“ genannt hatte. Dem Gericht, das in dieser Äußerung die unzulässige Diffamierung eines politischen Gegners sah, warf Erwin vor, sich von Altkommunisten „für ihre Öffentlichkeitsarbeit instrumentalisieren“ zu lassen. Und auch das zweite Ermittlungsverfahren gegen ihn war für Erwin eine Inszenierung“ und „der Versuch eines guten Schauprozesses“. Gegenstand der Verhandlungen war der Versuch Erwins, Demonstrationen von Roma in der Landeshauptstadt zu stören. Sein Referent übernahm die Verantwortung für die Polizeiaktion, die Ermittlungen gegen Erwin wurden daraufhin eingestellt.

ANNIKA JOERES