Heiße Luft im Leitbild

Senatskonzept „Wachsende Stadt“ ist dünn, wie eine Anfrage der GAL ans Licht bringt. Sozialer Wohungsbau nur noch in Nischen vorgesehen

von Gernot Knödler

Hamburg solle eine Wachstumsinsel in einem Land mit schrumpfender Bevölkerung werden. Dass der Senat dieses Ziel mit seinem 2002 verkündeten „Leitbild Wachsende Stadt“ erreichen wird, hält die GAL für zweifelhaft. Zumindest lasse die Politik des Senats, wie sie in der Antwort auf eine große Anfrage seiner Fraktion erkennbar wird, keine qualitative Änderung gegenüber der Politik früherer Senate erkennen, sagt der grüne Stadtentwicklungsexperte Claudius Lieven. „Die ,Wachsende Stadt‘ ist mehr Schein als Sein“, so Lieven: „Der Senat hat wenig Substanzielles dazu zu sagen, wie er Hamburg auf Wachstumspfad schicken will.“

In der Tat fallen die Antworten auf den Fragenkatalog zum Teil dürftig aus. Der Zeithorizont der wachsenden Stadt wird ohne Spezifikation als „mittelfristig“ angegeben. Auf Zielzahlen wie die zunächst genannten zwei Millionen Einwohner verzichtet der Senat. Auch spart er sich anzugeben, wo bis zu 300.000 Neubürger unterzubringen wären. Dafür setzt er auf das Prinzip Hoffnung: „In den letzten fünf Jahren ist die Einwohnerzahl um 34.000 gestiegen.“ Diesen Trend gelte es zu verstärken.

Der Senat beabsichtige, in erster Linie qualifizierte Arbeitskräfte mit ihren Familen in die Stadt zu holen. Dazu will er Wohnbauflächen in kinderfreundlicher Umgebung zu erschwinglichen Preisen vergeben und eine Kinderbetreuung anbieten, die ihresgleichen sucht.

Über die Förderung familiengerechter Wohnungen hat der Senat aber, wie er einräumt, bisher nicht nachgedacht. Mit Höhe und Umfang werde er sich „im Rahmen der Aufstellung des Wohnungsbauprogramms 2005/ 2006 befassen“. Zielvorgaben über den Anteil geförderten Wohnungsbaus seien unmöglich, „da der Umfang der Wohnungsbautätigkeit der privaten Investitionsplanung unterliegt“.

Wie aber kürzlich bekannt wurde, beabsichtigt der Senat künftig Grundstücke regelhaft im Wege des Höchstgebotsverfahrens zu vergeben. Zwar werde die Errichtung familiengerechter Wohnungen dabei zur Kondition gemacht, erklärte GALier Lieven. Familiengerecht beziehe sich aber auf die Größe, nicht auf den Preis. „Welche Familien sich die Wohnungen leisten können, steht in den Sternen. Sozialen Wohnungsbau im herkömmlichen Sinn wird es nur noch in Nischen geben.“ Insgesamt sollen nur noch 800 Wohnungen gefördert werden, so Lieven unter Verweis auf eine Senatsdrucksache.

Die Stadt orientiere sich bei Verkäufen am unteren Ende der Preisspanne, versichert indes der Senat. Während der Wohnungsbau bundesweit von 2002 auf 2003 um sieben Prozent zurückgegangen sei, habe Hamburg ein Wachstum von vier Prozent verzeichnet. Mit knapp 3.900 liegt die Zahl allerdings um mehr als die Hälfte niedriger als vor zehn Jahren.

Dass jährlich 37 Hektar neu für den Bau von Straßen, Wohnungen und Fabriken in Anspruch genommen würden, könne man so nicht sagen, findet der Senat. „Aufgrund der vielfältigen Variablen sind rein quantitative Festlegungen nicht sachgerecht“, antwortet er der GAL. Für die Jahre 1991 bis 1999 hat die Umweltbehörde einen Flächenverbrauch von 140 Hektar pro Jahr errechnet. In der Zeit ist Hamburg um rund 100.000 Einwohner gewachsen. Um eine Antwort, was er unter einem „flächensparenden und ressourcenschonenden Weg“ verstehe, Konversionsflächen zu aktivieren, drückt sich der Senat.

Dafür muss er einräumen, dass er 95 Hektar neue Wohn- und Gewerbegebiete in Landschaftsachsen ausweisen will oder an Stellen, die für den Artenschutz von Bedeutung sind. „Nicht auszuschließen“ sei, dass Äcker und Weiden in die Suche nach Platz für neue Wohngebiete einbezogen würden.