Fleckbetrug im Heimwerkermarkt

Selber was verbocken, aber anderen die Schuld zuschieben. Oder: Woher stammt der fatale Farbklecks an der Kleidung von Jacek J.?

Bremen taz ■ Heimwerker-Shows sprießen nur so aus dem Boden, was zeigt: Durch den Baumarkt zu schlendern, ist eine schöne Sache. Manch ein Mann fühlt sich da in seine Kindheitstage zurückversetzt: Bohrmaschine, Stichsäge, Hammer und Meißel erinnern an schöne vorpubertäre Bastelstunden. Doch - Obacht! - denn Werkzeug und Zubehör können schnell Schaden an Mensch und Kleidung anrichten. Oder wie hat Mama immer gesagt: „Pass auf, dass du dir mit Farbe nicht deine Klamotten versaust!“

Jacek J. hat nicht auf seine Mutter gehört. Im November 2002 lief er guter Dinge - so ist es zumindest vorstellbar - durch einen Bremer Heimwerkermarkt, als er dann plötzlich - uups - einen Farbklecks an seiner Kleidung bemerkte. Doch wer ist schuld an diesem Malheur? War es die Theke vom Mann mit den bunten Farben oder hatte er sich seine Kleidung vielleicht doch schon kurz zuvor selber voll gesuppt?

423,90 Euro Schadensersatz verlangte „Malermeister Klecks“ von dem Baumarkt. Doch diese Forderung hat den 39-Jährigen vor den Kadi gebracht - wenn er sich denn vor dem gestrigen Gerichtstermin nicht gedrückt hätte. „Der Angeklagte ist nicht erschienen“, konstatierte der Richter. Womit die Verhandlung auch schon wieder vorbei war, ohne eigentlich angefangen zu haben. Alles in allem wohl eine kuriose Geschichte.

Doch woran liegt dieses infame menschliche Verhalten, anderen die Schuld anzuhängen für Dinge, die man selber verbockt hat? „Der Trainer ist schuld“, sagen die Spieler eines abgestiegenen Fußballvereins, obwohl sie doch selber auf dem Platz standen und die Spiele verloren haben. Manche Fußballer sehen auch gern im Pfeifenmann den Übeltäter. „Die Terroristen sind schuld am Chaos im Irak“, sagt US-Präsident Bush, wenn er erklären möchte, wieso im Zweistromland immer noch alles drunter und drüber läuft. Die Liste ließe sich noch vielfach erweitern, doch eines scheint klar: Man selber ist immer völlig unschuldig. Irgendeiner findet sich immer, dem man die Schuld in die Schuhe schieben kann. Was zu der Frage verleitet: Ist diese Hinterlist menschlich?

Dietmar Heubrock, Psychologe an der Universität Bremen, hat da eine etwas andere Meinung: „Empirisch können wir so ein Verhalten nicht belegen.“ Zwar würde er aus eigenen Erfahrungen auch sagen, dass die Schuldigen gerne die Unschuldsengel spielen und lieber andere bezichtigen. Doch „solche unsinnig erscheinenden Vorwürfe lassen meistens auf eine Persönlichkeitsstörung schließen.“

Fälle dieser Art kämen des öfteren vor. Aber: „Im Moment beobachten wir Psychologen den Trend, dass Menschen die Schuld auf sich laden. Sich als Opferlamm hingeben, obwohl sie völlig unschuldig sind“, so Heubrock. Diese Beobachtung muss dann wohl ohne die Testperson Jacek J. bestätigt werden. wet