Bangen um die Kohle

Beim Energiegipfel erbitten die Stromkonzerne Hilfe vom Kanzler. Es geht um den Abgasausstoß ihrer Kraftwerke

BERLIN taz ■ Wenn heute Abend gegen 20 Uhr die Vorstände der vier großen Energiekonzerne sowie Vertreter von Zement- wie Stahlindustrie erscheinen, muss der Kanzler besorgte Gemüter besänftigen. Nicht nur weil Umweltminister Jürgen Trittin diesmal mit am Tisch sitzt, sondern vor allem weil es Ernst wird: Es geht um den Handel mit Emissionsrechten.

Bis zum Frühjahr muss Deutschland in Brüssel seinen „Allokationsplan“ vorlegen. Darin soll für jede der rund 4.000 bis 5.000 Fabriken aufgelistet werden, wie viel Kohlendioxid sie pro Jahr in die Luft blasen darf. Wenn sie mehr als die erlaubte Menge ausstößt, muss sie sich von anderen Fabriken, die weniger als erlaubt absondern, die zusätzlichen Emissionsrechte kaufen. Gleichzeitig würde die erlaubte Menge jährlich gesenkt, um am Ende das Klimaschutzziel von Kioto zu erfüllen.

Die Idee: Der Handel mit den Verschmutzungsrechten führt automatisch dazu, dass dort der Ausstoß vermindert wird, wo es am billigsten ist. Im Januar 2005 will die EU den Handel starten.

Die Vorbereitungen fallen in Trittins Kompetenz, was den Bossen überhaupt nicht recht ist. Vor allem Stromversorger fürchten, der heutige Energiemix könnte durch den Handel zulasten der Kohle verschoben werden. Seit einigen Wochen machen sie deshalb im Bund mit dem Wirtschaftsminister Druck auf Trittins Energiepolitik.

Dabei geht es dem Grünen gar nicht darum, einen bestimmten Energiemix festzuzurren. Vielmehr will er die Effizienzreserven aus der Stromerzeugung herauskitzeln und die Windkraft ausbauen. Angesichts des Atomausstieges wird das die Kohle kaum an den Rand drängen.

Klar ist auch: Wird erst die Klimarelevanz des Stroms über den Emissionshandel zum Kostenfaktor, können die Stromkonzerne den Energiemix nicht mehr so leicht kontrollieren. URB