Die CDU freut sich auf Lafontaine

Im Saarland will der junge SPD-Vormann Heiko Maas das Idol der Parteilinken Oskar L. zwar im Wahlkampf einspannen. Danach aber soll der Politveteran wieder „in der Kiste verschwinden“. Der hört derweil schon Trompeten für sich blasen

aus Saarbrücken KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Das würde Peter Müller, dem christdemokratischen Ministerpräsidenten des Saarlandes, gut gefallen: dass die SPD mit dem aktuellen Wiedergänger der deutschen Sozialdemokratie, dem gewesenen Ministerpräsidenten und einstigen Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine an der Spitze in den Landtagswahlkampf 2004 zieht. Für diesen „extremen Glücksfall“, so Stimmen aus dem direkten Umfeld von Müller, könne der CDU-Ministerpräsident schon einmal vorzeitig für eine zweite Amtszeit planen, wahrscheinlich wieder mit einer absoluten Unionsmehrheit im Landtag. Lafontaine, das einstige Idol der Parteilinken, spalte die saarländische SPD endgültig, so die Überzeugung im Müller-Lager.

Auch 2004 dürfte es an der Saar wieder auf einen Zweikampf zwischen Union und SPD hinauslaufen. Die unverändert skandalgebeutelten Grünen werden voraussichtlich grandios abschmieren, während die Liberalen – wie schon vor der letzten Landtagswahl 1999 – nur in den Umfragen über die Fünfprozentmarke kommen. Wer die Union in den Wahlkampf führen wird, steht außer Frage: Müllers aktueller Sympathiewert liegt über 60 Prozent und beim Wirtschaftswachstum hat er dem Saarland im Ländervergleich eine Spitzenposition gesichert. Aber wer wird sein Herausforderer bei der SPD? Mit 37 Jahren ist Heiko Maas noch immer ein junger Doppelvorsitzender von Landespartei und Landtagsfraktion. Bei seiner Wahl zum Landesvorsitzenden im Dezember 2000 feierte die Partei ihn als „Hoffnungsträger“, die Schuldigen am vorangegangenen Wahldesaster waren schnell ausgemacht: der in die unappetitliche Korruptionsaffäre um den Caritas-Manager Doerfert verstrickte Kurzzeitministerpräsident Reinhard Klimmt, der später als Bundesverkehrsminister zurücktreten musste; und Lafontaine, dem die meisten Genossen übel nahmen, dass er noch vor der Landtagswahl „hingeworfen“ hatte. Als „einfaches Parteimitglied“ saß Lafontaine auf diesem Parteitag in der zweiten Reihe – und hielt den Mund.

Doch die Puschen, die Lafontaine in Saarbrücken stehen ließ, waren wohl eine Nummer zu groß für Maas. Fast drei Jahre sind vergangen – und die Welt hat kaum etwas von dem ehemaligen Gitarristen der Experimentalrockgruppe „Splendid Isolation“ gehört. Doch wer „das Reich“, wie der Rest der Republik im Saarland noch immer genannt wird, nicht beeindruckt, hat nicht nur bei den Genossen schlechte Karten.

Ein kluges „Plädoyer für eine Politik des humanen Sozialismus“ hat er in dieser Zeit geschrieben und sich darin als Modernisierer mit Gefühl geriert. Seinen Parteifreunden hat er damit so wenig das Herz gewärmt wie mit seiner verhaltenen Kritik am „Reformkurs“ der SPD-geführten Bundesregierung. Maas weiß, dass er über keine Entertainerqualitäten verfügt. Und er weiß auch, dass er es wohl alleine nicht schaffen wird, dem amtierenden Ministerpräsidenten den Titel streitig zu machen. Er strebt jetzt die Quadratur des Kreises an.

An der Saar müsse Rücksicht genommen werden auf die Masse der traditionsbewussten Genossen in der Partei, erklärt er, und die Modernisierung sei ein langfristig angelegtes Projekt, dessen Umsetzung „behutsam“ erfolgen müsse. „Im Saarland gingen und gehen die Uhren immer etwas anders als ‚im Reich‘“, sagt er dann – und grinst dabei jungenhaft. „Modernisierer mit Gerechtigkeitsvorbehalt“ sei er selbst. Und für die Traditionalisten stehe ihm jetzt seit einigen Wochen Oskar Lafontaine wieder „zur Seite“.

Ein Tandem Maas/Lafontaine also soll die Wahl gewinnen – und Lafontaine danach wieder „zurück in die Kiste gelegt“ werden, wie es eine Mitarbeiterin der Fraktion süffisant formulierte. Maas sagt dazu nichts. Lafontaine fast nichts (siehe Kasten). Der Junior arbeitet erst mal an einer „die beiden Lager in der Partei verbindenden Programmatik“. Ein Programm für Modernisierer und Traditionalisten gleichermaßen soll es werden.

Und wenn sich der alte Recke Oskar 2004 nicht zurück in die Kiste legen lässt? Schließlich hat der Mann schon einmal – auf einem Bundesparteitag – einen amtierenden Vorsitzenden aus dem Amt gefegt. „Maas soll entscheiden“, sagte Lafontaine in der vergangenen Woche.

Schon an diesem Wochenende auf einer Klausurtagung von Partei- und Fraktionsspitze könnte in der ledigen Personalfrage eine Vorentscheidung fallen. Die Prognose der Insider im Landtag von Saarbrücken: Maas wird Spitzenkandidat – und Lafontaine sein „Lautsprecher“. Bei der Union wurde schon gefeixt: „Die Angst vor Lafontaine geht um – in der SPD im Saarland und in Berlin, aber nicht bei uns.“