Frauenfußball zahlt sich nicht aus

Vor sieben Jahren haben sich die Fußballerinnen des FSV 02 Schwerin von ihrem Dachverein abgenabelt. Finanziell steht Norddeutschlands einziger reiner Frauensportverein allerdings schlechter da als vergleichbare Männerclubs

VON UTA GENSICHEN

Es ist nicht einfach, Zuschauer in das Stadion am Schweriner Lambrechtsgrund zu ziehen. Zu groß ist in der Landeshauptstadt die Konkurrenz: die Handball-Herren vom SV Post Schwerin brillieren in der zweiten Bundesliga, die Volleyballerinnen des SC spielen in der Ersten Bundesliga ganz oben mit. Und dann gibt es auch noch die Ruderer und Kanuten.

Wenn die Erste Frauenmannschaft des FSV 02 Schwerin an den Wochenenden den Rasen betritt, bleibt es auf den Zuschauerrängen deshalb meistens still. „Wir verlangen nicht mal Eintrittsgeld“, sagt Susanne Kritzner, die den Frauensportverein 2002 mitgegründet hat. Dabei ist der FSV der höchstklassigste Fußballverein in der Stadt: Selbst die Männer spielen nur in der darunter liegenden Verbandsliga. Würden die Frauen immer noch für ihren Dachverein, den FC Eintracht Schwerin, spielen – sie wären heute wohl kaum in der Regionalliga.

„Die Frauenabteilung hatte nicht die gleichen Rechte wie die Männer“, erinnert sich Kritzner, damals die einzige Frau im Vorstand des Vereins. Obwohl die Damen mehr Sponsorengeld einspielten, floss aus dem gemeinsamen Topf nur wenig zurück. „Wir wollten männerunabhängig sein“, sagt Kritzner. Heute ist der FSV wohl der einzige Sportverein Norddeutschlands ausschließlich für Frauen.

Diese Unabhängigkeit müssen Spielerinnen und Vorstand teuer bezahlen: Die Entscheidung, von der Verbands- in die Regionallliga Nordost zu wechseln, sei dem Vorstand nicht leicht gefallen, sagt Susanne Kritzner. Spielten die Fußballerinnen vorher gegen Teams aus der näheren Umgebung, bereisen sie nun die ehemalige DDR. Die Fahrten mit dem Mannschaftsbus und die Übernachtungen gehen ins Geld – Geld, das Vereine der Frauen-Regionallligen aus eigener Tasche bezahlen müssen. Wären sie Männer, würden sie dagegen vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) finanziell unterstützt, sagt Gunter Johren, der die FSV-Frauen seit drei Jahren trainiert.

Es ist Dienstagabend. Ungewöhnlich viele Spielerinnen seien heute zum Training gekommen sagt Johren. Der 44-Jährige steht am Rand der Kunstrasenfläche, trägt einen dunkelblauen Trainingsanzug, seine Augen sehen müde aus. Vor ihm liegt eine Reihe glänzend weißer Lederbälle. Während die Mädchen sich langsam von ihrem halbstündigen Erwärmungslauf erholen, schaut Johren grimmig auf den Rasen. „Jetzt nehmt euch mal die Bälle und fangt endlich an!“, brüllt er und schüttelt den Kopf.

Zehn Jahre hat Johren Jungsmannschaften trainiert, die Arbeit beim FSV sei eine ganz neue Erfahrung gewesen, sagt er. Es stimme, dass Frauen fairer spielen – dafür seien sie aber auch zweikampfscheu. „Und sie haben oft keine Lust, sich zu quälen.“ Männliche Spieler seien da schon belastbarer, hätten mehr Kraft und Ausdauer. Die größte Umstellung für den Trainer waren aber offenbar nicht körperliche Unterschiede, sondern mentale. „Frauen sind untereinander sehr schwierig“, sagt er, „manchmal auch zickig.“ Darunter leide auch schon mal der Zusammenhalt der Mannschaft.

So richtig zur Strecke bringen können den FSV aber nur zwei Dinge: verletzte Spielerinnen – und der Berliner Verein 1. FC Lübars. Eine Pechsträhne am Saisonbeginn führte dazu, dass gleich vier Schwerinerinnen über Monate ausfielen. Die Angstgegnerinnen aus der Hauptstadt hatten deshalb leichtes Spiel – der FSV fiel bis auf den letzten Platz zurück.

„Wir haben aber das Potential, wieder aufzusteigen“, sagt Mannschaftskapitänin Stephanie Krengel. Die 26-Jährige steht am Spielfeldrand, sie muss sich wegen eines Kreuzbandrisses während des Trainings schonen. Als die gebürtige Brandenburgerin vor sieben Jahren von Turbine Potsdam nach Schwerin wechselte, willigte sie nur unter der Bedingung ein, dass der Verein ihr bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz hilft. Schwer sei es, dem Verein treu zu bleiben, sagt sie: In der Regel ziehen die Mädchen nach dem Abitur in andere Städte, um dort zu studieren oder eine Lehrstelle anzunehmen. Und so reisen auch viele der FSV-Spielerinnen nur noch für die Partien an.