Formales Defizit beim Spekulationsobjekt

Der FC St. Pauli zog gestern öffentlich Bilanz seiner erfolgreichen Rettungsaktion und wirkt doch intransparent. Der Transfer des Brasilianers Nascimento wirft Fragen nach der Legitimation durch den Aufsichtsrat auf

Hamburg taz ■ Der modische Trend dieses Sommers waren nicht etwa Flip-Flops, wie es aus vielen Modemagazinen verlautete, sondern laut Geschäftsführer Frank Fechner die Retter-T-Shirts des FC St. Pauli. Eine Feststellung, der Präsident Corny Littmann gern beipflichtete: „Der zum Ende der vergangenen Zweitliga-Saison bröckelnde Mythos des Vereins ist durch diese gesamte Retter-Aktion aufgefangen worden.“ Insgesamt brachte die Kampagne dem Club fast 2,4 Millionen Euro ein (siehe Kasten).

Es könnten also bessere Zeiten anbrechen am Millerntor, zumal trotz des Aktions-Erfolges die Entscheidung getroffen wurde, den FC nicht in ein Textilunternehmen umzuwandeln. Die Differenz zwischen dem Erlös der Rettungsmaßnahmen und der Liquiditätslücke zum Ende der vergangenen Saison ergibt ein Plus von über 400.000 Euro. Geld, das ganz im Sinne von Trainer Franz Gerber zusammen mit den Dauerkartenerlösen direkt in den Kader der Mannschaft investiert worden ist.

Doch die lobenswerte Transparenz scheint mit der Veröffentlichung der genauen Zahlen aus der Retterkampagne aufgebraucht zu sein. So blieb vor allen Dingen die Frage, ob der Aufsichtsrat der fast 500.000 Euro teuren Verpflichtung des Brasilianers Nascimento zugestimmt habe, im Halbdunkeln. „Der Aufsichtsrat ist über den Transfer in Kenntnis gesetzt worden, und es hat keine Widersprüche gegeben“, wich Corny Littmann einer klaren Aussage aus, ob eine Zustimmung durch das Kontrollgremium erfolgt ist. An der Richtigkeit des Spielerkaufes gibt es nach Ansicht des Präsidenten aber auch keine Zweifel: „Trainer Franz Gerber ist überzeugt, dass dieser Spieler seinen Wert während seiner Zeit bei uns vervielfachen wird.“ Geschäftsführer Frank Fechner räumte dann aber doch ein, dass es beim Transfer des südamerikanischen Spekulationsobjektes ein „formales Defizit“ gegeben habe.

Einige Aktionen der erfolgreichen Rettungskampagne sollen bestehen bleiben, vor allen Dingen die Kulturveranstaltungen im Millerntorstadion. „Das Stadion ist als Location wiederentdeckt worden“, freute sich Frank Fechner. Wiederentdeckt worden sind aber scheinbar auch eher undurchsichtige Vorgänge innerhalb des Vereines, die keine Wiederholung verdient haben.Holger Schleper