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: Der Wachmann

Was früher das Wappen war, ist jetzt ein Logo: Ein Symbol, das die Stärken des Symbolisierten optisch auf den Punkt bringt. Statt gefährlichen Wildschweinen und federgeschmückten Helmen wird heute meist reduzierten Strichzeichnungen der Vorzug gegeben – die trotzdem Wesentliches über die betreffende Organisation oder Firma aussagen sollen.

Grund genug für die taz, in einer neuen Donnerstags-Serie ausgewählte Logos aus Bremen und Umzu zu analysieren.

Der Wachmann des Wachmannstraßenvereins in Schwachhausen gehört zum Typus des verwörtlichten Logos. Denn benannt ist die zentrale Straße des Quartiers nach einer Bremer Syndicus-Dynastie – warum die ahistorische Konkretion?

„Wir symbolisieren, dass wir gemeinsam auf die Straße aufpassen“, sagt der Vereinsvorsitzende Ralph Saxe. Das Logo werde wie ein „freundliches Verkehrszeichen“ aufgefasst.

Äußerlich betrachtet changiert die Figur zwischen Lebkuchenmännchen und wilhelminischem Schaffner – in jedem Fall strahlt sie simplifizierende Nostalgie aus. Der Schlüssel am steifen Ärmchen macht den Wachmann bremisch, zugleich zum Schließer: Ein Nachtwächter der „guten alten Zeit“, der den AnwohnerInnen durch Torverriegelung Geborgenheit vermittelt. Kann das ein zeitgemäßes Symbol für einen erst vor zwei Jahren gegründeten Nachbarschaftsverein sein?

Die von Grafik-Professor Hartmut Brückner entworfene Figur sei einprägsam, sparsam und sehr zur Identifizierung geeignet, meint Sasse. „Unser Quartier ist ein closed shop“ solle keineswegs transportiert werden.

Oder hat doch Vater Freud den Zeichenstift geführt? Schließlich symbolisiert der Wachmann eine ausgesprochen wohlsituierte Wohngegend voll politischer Prominenz mit entsprechenden Sicherheitsbedürfnissen. In jedem Fall könnte der Verein davon profitieren, ein weniger obrigkeitstaatliches Figürchen für sich sprechen zu lassen. Henning Bleyl

Nächsten Donnerstag im Logo-Test: das Gräten-Mikro