Der Ausbildungspakt ist zum Erfolg verdammt

Die Industrie- und Handelskammer zu Köln sieht einen positiven Trend auf dem Lehrstellenmarkt. Kölner Betriebe nehmen der IHK zufolge „ihre Verantwortung wahr“. Rund 350 Ausbildungsplätze sollen entstehen. Kritiker meinen, ganz so positiv sei es um den Ausbildungspakt nicht bestellt

Köln taz ■ Der Ausbildungspakt zwischen Bundesregierung und Wirtschaft zeigt in Köln und der Region erste Erfolge. Diese Bilanz zieht zumindest die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Köln zwei Monate nach Beschluss des Paktes. Laut der Statistik gab es im Bezirk der IHK Ende Juli knapp sechs Prozent mehr Ausbildungsplätze als im Juli 2003. Konkret sind das rund 300 Ausbildungsverträge zusätzlich. In den Monaten vor Abschluss des Ausbildungspaktes lag die Quote der vermittelten Ausbildungsplätze noch unter der Zahl der Vergleichsmonate im Vorjahr.

Herbert Ferger, Hauptgeschäftsführer der IHK, führt die Entwicklung vor allem auf die verstärkte Akquise von Ausbildungsplätzen durch die Vollversammlungsmitglieder der IHK zurück. Von den 30.000 Azubi-Stellen, die bundesweit jährlich geschaffen werden sollen, entfallen 580 auf Köln, Leverkusen sowie die Kreise Rhein-Eft, Rhein-Berg und Oberberg. Rund 350 Plätze sollen direkt in Köln entstehen. „Knapp 100 Ausbildungsverhältnisse sind seit Mitte Juni allein in der Stadt Köln geschlossen worden“, sagt IHK-Ausbildungsexpertin Vera Lange.

Das sei zwar nur ein erster Trend. Genauere Aussagen könnten erst zum 30. September getroffen werden, da erst dann die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vorliegen werden. Doch: „Die Zwischenbilanz ist positiv und zeigt, dass die Wirtschaft ihre Verantwortung wahrnimmt“, so Ferger. Eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIB) in Bonn, die dem Ausbildungspakt Ende Juli schlechte Aussichten attestierte, sieht er als ungerechtfertigt. Solche Diskussionen verunsicherten auch die Firmen, die im Moment viel eher „wirtschaftspolitischen Rückenwind“ bräuchten.

In Köln scheinen sie besonderen Rückenwind zu brauchen. Denn während etwa der Rheinisch-Bergische Kreis im Vergleich zum Vorjahr bei den Ausbildungsplätzen um 24,9 Prozent zugelegt hat, verzeichnet Köln lediglich 2,4 Prozent Plus. Setzen Kölner Unternehmen also weniger Hoffnung in den Ausbildungspakt? „Nein“, sagt IHK-Expertin Lange. „Ende Juli gab es in der Stadt immerhin 3.063 Ausbildungsstellen.“ Das ist deutlich mehr als im Kreis Rhein-Erft. „Wenn zu dieser hohen Zahl dann 70 bis 80 Plätze hinzukommen, schlägt das prozentual eben nicht so zu Buche.“

Die Zahlen sprechen jedoch für sich. Allein über die Ausbildungshotline, die die IHK Mitte Juli geschaltet hat, haben Unternehmen bereits 257 Azubi-Plätze angeboten. Jörg Mährle, Gewerkschaftssekretär beim DGB Köln und zuständig für Fragen der Bildung und Ausbildung, ist dennoch skeptisch. „Natürlich muss man der IHK zugestehen, dass sie sich ins Zeug gelegt hat, um Ausbildunsgplätze zu akquirieren“, sagt er. Auch eine Steigerung von 5,9 Prozent sei immerhin „ein bisschen“ positiv. „Trotzdem sind wir noch weit davon entfernt, dass jeder Jugendliche, der eine Ausbildung machen möchte, einen Platz bekommt.“

Auch Mährle kann erst eine genaue Einschätzung geben, wenn die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vorliegen. Doch er erwartet, dass es dann nicht anders aussehen wird als in den letzten Jahren. „Die Bundesagentur weist zwar immer sehr gute Vermittlungsquoten aus“, erklärt er. „Vermittlung“ heiße aber nicht, dass für jeden Jugendlichen auch eine Azubi-Stelle gefunden wird. „Viele Ausbildungswillige werden einfach in Schulprogramme vermittelt.“ Oder fallen aus der Statistik, weil sie ihren Wehrdienst antreten. „Auch sind Betriebe durch die Wirtschaftslage verunsichert und stellen nicht ein“, so Merle. Ganz so positiv wie die erste Tendenz glauben macht, sei es um den Ausbildungspakt doch nicht bestellt. Andrea Martens