Schluss mit lustig

Hannover 96 lässt sich in München vom FC Bayern überrollen. Die 1 : 5-Klatsche offenbart erneut Probleme, die tief sitzen. Jetzt müssen sich die Niedersachsen mit dem Abstiegskampf beschäftigen

VON KLAUS IRLER

Manchmal verliert eine Mannschaft, weil der Gegner zu gut war. Oder der Schiedsrichter zu schlecht. Es kann auch sein, dass eine Mannschaft die eigenen Chancen nicht nutzen konnte und in der Abwehr ein, zwei Fehler passiert sind. So was kommt vor, und wenn die Spieler nachher sagen, die Niederlage schmerze, dann ist das ein Schmerz, der nicht allzu tief sitzt.

Beim Auswärtsdebakel von Hannover 96 am Samstag in München war das anders. Die Mannschaft war mit 1 : 5 untergegangen und nachher sprach niemand von Schmerz. Innenverteidiger Christian Schulz, Torwart Robert Enke und Trainer Dieter Hecking sagten mit versteinerten Gesichtern Worte wie „anfängerhaft“ oder „naiv“. Immer wieder sagten sie auch: „Das geht nicht.“ Gemeint war nicht nur, dass Fehler gemacht wurden. Gemeint waren Probleme, die tiefer sitzen.

Vier der fünf Gegentore bekamen die Hannoveraner nach Standardsituationen, bei denen Absprachen schlicht nicht eingehalten wurden. Besonders peinlich: Zwei aufeinander folgende Bayern-Tore waren identische Kopfballtore nach Schweinsteiger-Freistößen von halblinks. Gegenwehr gab es keine. 96 hat keinen Spieler, der in so einem Spiel das Heft in die Hand nimmt, stattdessen fügte sich das Team mit dem ersten Bayern-Tor in sein Schicksal.

Fortgeführt wurde damit eine lange Serie von Auswärtsniederlagen: In der gesamten Saison holte 96 auswärts gerade mal einen Punkt. Siege waren nur zu Hause möglich, dann sogar gegen Leverkusen, Bayern oder den HSV. Aber stets folgte ein schlechtes Spiel auswärts.

Das nervt Hannovers Trainer Dieter Hecking nicht nur, es bereitet ihm existenzielle Sorgen: „Wir müssen es jetzt am Samstag zu Hause gegen Dortmund wieder richten“, sagte er, „und ich sage es meiner Mannschaft immer wieder: Das wird nicht immer gut gehen.“ Daneben muss 96 aufpassen, dass der Frust, den die Defizite gebären, das Mannschaftsgefüge nicht immer mehr schädigt. Hörte man wichtige Spieler wie Christian Schulz oder Robert Enke am Samstag nach der Partie reden, könnte man sich durchaus sorgen, dass denen die Lust auf die Mannschaft vergehen könnte.

„Es ist schade, wenn man eine Führung so abgibt, wie wir“, sagte etwa Enke zum Spielverlauf. Während der ersten 15 Minuten stellten sich die Hannoveraner tapfer gegen das drückende Angriffsspiel der Bayern, und Jirí Štajner schaffte sogar die 1 : 0-Führung durch einen Sonntagsschuss nach Vorlage von Arnold Bruggink. Danach allerdings brauchten die Bayern bis zum Ausgleich durch Daniel van Buyten gerade mal fünf Minuten. „Wenn man als Auswärtsmannschaft in München mit 1 : 0 in Führung geht, dann muss unsere Ampel natürlich auf Rot gestellt sein und man muss den Tunnelblick kriegen“, sagte Hecking. Statt erhöhter Aufmerksamkeit aber erstarrte das Team wie das Kaninchen vor der Schlange. Nach Toren durch Miroslav Klose (25.) und Hamit Altintop (34.) war die Partie zur Halbzeit dann bereits entschieden.

Trotz eines engagierten Christian Schulz war es vor allem Hannovers Innenverteidigung, die den Bayern nicht Stand hielt. Hecking brachte für den 39-Jährigen Verteidiger Michael Tarnat nach der Pause den 18-Jährigen Konstantin Rausch und versuchte außerdem mit Mikael Forssell für Arnold Bruggink (65.) und Jan Rosenthal für Jacek Krzynówek (69.) neuen Schwung in die Mannschaft zu kriegen. Am Standby-Modus änderte das nichts. Hannover 96 wird sich nun mit dem Abstiegskampf beschäftigen müssen. Nicht nur am kommenden Samstag gegen Dortmund muss dringend ein Erfolgserlebnis her. Wichtig ist auch die Partie in knapp zwei Wochen in Baden-Württemberg – der Gegner: Hoffenheim.