Ems und Weser sind keine Flüsse

Die Handelskammern aus Bremen und Oldenburg verlangen Neuorientierung der Umweltpolitik: Wie in der Sozialpolitik seien „die Leute zu verwöhnt“

Bremen taz ■ „Umweltpolitische Maßnahmen nehmen Überhand“, findet Patrick Wendisch, Präses der Handelskammer Bremen, „es kann nicht sein, dass wir international Wettbewerbsnachteile in Kauf nehmen, nur damit sich Politiker profilieren können.“ In einem Reform-Papier verlangen die Handelskammer Bremen und die Industrie- und Handelskammer Oldenburg eine neue Ausrichtung der Politik in Bezug auf die Flora-Fauna-Habitat- (FFH), die Vogelschutz- und die Wasserrahmenrichtlinie.

Sobald ein Gebiet zum FFH-Schutzgebiet erklärt wird, müssen wirtschaftliche Projekte auf die Verträglichkeit mit der Umgebung geprüft werden, klagen sie. „Ems und Weser sollten als naturnahe Gebiete definiert werden. Das niedersächsische Umweltministerium wollte sie sogar als „natürliche Flüsse“ im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie ausweisen, was natürlich völliger Unsinn ist: Seit Jahrhunderten dienen diese Wasserstraßen der Industrie. Kein Normalbürger würde sagen: Das ist natürliches Gewässer“, meinte Wendisch. Und Karl Harms, Präsident der IHK Oldenburg: „Zum Glück konnten wir diesen blinden gesetzgeberischen Aktivismus verhindern.“

„Es kann nicht sein, dass die niedersächsische Küste ein einziger zoologischer Garten ist, nur weil da ein paar Spatzen rumfliegen“, unterstrich Karl Harms von der IHK seine Verärgerung. Tourismus, Schifffahrt, Industrieansiedlungen und Fischerei würden darunter leiden.

Wendisch forderte zudem: „Das Bundesamt für Naturschutz muss auf Bundesebene sein Mitspracherecht beim Hochwasserschutzgesetz verlieren, was wir mit Hilfe des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) durchsetzen wollen. Ebenso müssen wir das Verbot zur Lagerung von Wasser gefährdenden Stoffen auf Landesebene begleiten.“ Denn ein generelles Verbot hätte erhebliche Folgen für die Hafenwirtschaft.

Die Umwelt-Auflagen betreffen hauptsächlich deutsche Häfen, da diese oft nur durch das Wattenmeer erreichbar sind. Deshalb fordern die Kammervertreter eine „deutlich andere Handhabung der Umweltpolitik“ bis hin zu einem Verzicht auf bestimmte Regelungen wie dem aktuellen Hochwasserschutz-Gesetz. Wendisch: „Mit unseren umweltpolitischen Reformvorschlägen ist es ein bisschen so wie mit Hartz IV: Die Leute sind zu verwöhnt. Sie müssen zurück rudern, denn die Arbeitsplatzentwicklung ist ein größeres Problem als die Belastung von Umwelt und Natur.“ wet