Neue Filme
: Diese Woche neu im Kino

„Die Geschichte von Marie und Julien“: Broadway-Kino, fsk am Oranienplatz, Hackesche Höfe,

„Die Geschichte von Marie und Julien“

Frankreich 2003, Regie: Jacques Rivette, 150 Min.

Das Kino gibt uns die Möglichkeit, das Unmögliche möglich zu machen. Fantasie wird Realität, erzeugt durch die Dokumentation dessen, was vor der Kamera geschieht. Wir glauben, was wir sehen, und wenn wir im Kino Geister sehen, die mit Lebenden umgehen, dann sind diese cineastische Wirklichkeit. Der neue Film von Jacques Rivette „Die Geschichte von Marie und Julien“ greift ebendieses Prinzip wieder auf und fragt nach dem, was wir sehen. Oder nicht sehen. Marie (Emmanuelle Béart) begegnet Julien (Jerzy Radziwilowicz) als Göttinnen-Erscheinung, und unklar bleibt, ob sie nun ein Geist oder eine Lebende ist. Neben der Liebeshandlung zwischen Marie und Julien kommt auch ein kriminologischer Handlungsstrang nicht zu kurz. Rivette inszeniert eine Verdopplung, als er eine zweite Frau auftreten lässt, die nur mit Madame X (Anne Brochet) betitelt ist. Julien erpresst Madame X und rutscht in eine weitere Szene, in der wie im Traum Marie und die untote Schwester der Madame X auftauchen. Dieser Film ist die Verwebung von Leben und Tod, eine Verstrickung mysteriöser Geschichten zu einem großen Mysterium. Als Regiesseur steht Rivette für die unbegrenzten Möglichkeiten des Kinos: Sein großer Filmzyklus „Szenen des parallelen Lebens“, von dem nur zwei von vier geplanten Filmen fertig gestellt wurden, beschäftigt sich vornehmlich mit dem Paranormalen. Und das ist auch Rivettes Markenzeichen. Hinter der Haupthandlung seiner Filme zeichnen sich immer wieder mysteriöse Hinterwelten ab, der Grenzbereich zwischen Wirklichkeit und Traum. Dadurch wird ein doppelter Handlungsboden geschaffen, der alles ermöglicht oder nichts. CBR