Stringers in the Night

Ohne Korrespondenten und mehr Budget, dafür mit persönlicher Ansprache: Sat.1 macht Nachrichten

BERLIN taz ■ Ab Montag wird bei Sat.1 bekanntlich alles anders, dann will der Sender auch im Nachrichtenbereich endlich ernst genommen werden. Dafür sorgen soll neben dem gestern hier präsentierten neuen Hauptmoderator Thomas Kausch auch ein neuer Chefredakteur: Jörg Harzem (49) ist beim ProSiebenSat.1-Nachrichtenlieferanten N 24 künftig fürs Aktuelle zuständig und verantwortet die Nachrichten aller Sender der Gruppe – vom Nachrichtenkanal N 24 bis Kabel 1. Dem bisherigen N 24-Alleinchefredakteur Peter Limbourg bleiben die Magazine, Talk und „Politische Inhalte“.

Als „erster Journalist seit Sat.1-Mitbegründer Jürgen Doetz“ an der Senderspitze sei ihm der News-Bereich Herzensangelegenheit, sagte Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski gestern vor der Presse. Sat.1 setzt dabei künftig auch auf Breaking News: „Was immer auf der Welt geschieht, wird Sat.1 mitteilen, egal was gerade läuft“, verspricht Schawinski: „Das war nicht immer so.“ Stimmt. Mit Kausch soll nun ja „live aus Berlin“ außerdem „ein völlig neues Selbstverständnis, wie man News präsentiert“, Einzug halten. „Die Einordnung der Nachrichten, die verbindliche Moderation ist doch das Entscheidende“, sagt Kausch, „die Bilder, die Informationen sind heute auf allen Sendern dieselben.“ Dass Sat.1 auch weiterhin zum Beispiel kein wirkliches Korrespondentennetz hat, verkäme daher zum „Totschlagargument“, so der ehemalige ZDF-Korrespondent in Wien und den USA. Schließlich könnte man bei Bedarf Stringer, also freie Mitarbeiter, in allen Teilen der Welt aktivieren, sekundiert Schawinski. Ohnehin sei das Thema Korrespondenten „etwas mythisch umwölkt. Heute gibt es viel effizientere Möglichkeiten.“

Und die vor allem nicht so viel kosten. Denn mehr Geld bekommen weder Sat.1 noch N24: Trotz Nachrichtenoffensive muss Aktuelles-Chef Harzem mit denselben Budgets auskommen wie bisher. „Wir investieren in Menschen“, sagt da wie zum Trost Senderchef Schawinski: „Und journalistische Begeisterung ist genauso wichtig wie Geld.“

Die Rundumerneuerung im Nachrichtenbereich bei Sat.1 tut Not – künftig soll es auch Kurznachrichten am Mittag und noch mal zwischendurch am Nachmittag geben. „Die moderiere ich dann mit aufgekrempelten Ärmeln mitten aus der Nachrichtenredaktion“, sagt Kausch, der klar zum Peter Kloeppel des Senders aufgebaut werden soll. Der eben zum RTL-Chefredakteur aufgestiegene Konkurrenz-Anchor scheint die Herausforderung ernst zu nehmen. Bereits gestern Abend präsentierte RTL seine ganz neue „News World“ inklusive Angela-Merkel-Sommerinterview aus einem neuen Studio. STG