deutschland steckt im gerdgeschoss von WIGLAF DROSTE
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Es ist mir in diesem Leben bisher nicht gelungen, mich für das Wort Rente zu entflammen. Der Tag, an dem ein Nachbar mir völlig ungebeten erzählte, er habe sich seine Wohnung als „Einstieg in seine Altersversorgung“ gekauft, war der letzte, an dem ich mit ihm so etwas ähnliches wie Konversation machte; ich möchte anders sterben als zu Tode gelangweilt.

Vom sprichwörtlichen kleinen Sparer heißt es, dass er hinterher immer der Dumme sei – das ist nur die halbe Wahrheit: Er ist es auch vorher schon. Mit der Bausparvertragssorte Mensch kann man mich jagen. Wer Gespräche über günstige Kreditkonditionen führen will, möge die Gelegenheit meiner Abwesenheit dazu nutzen und sich anderswo die Zinsfüße waschen.

Jawohl, die Zinsfüße – denn auch ich habe eine Kasse, in die ich einzahle, weil der Mensch nun einmal in irgendeine Kasse einzahlen muss; er ist so beschaffen. Also stellte ich eine Blechdose auf den Schreibtisch der Süßen und erklärte sie zur persönlichen Sparkasse. Zwar hätte ich jeden Tag einfach so und anlasslos ein Geld dort hineinlegen können, aber ganz ohne sportlichen Ehrgeiz hatte die Sache keinen Reiz. Kühn behauptete ich, in nur kurzer Zeit ein klein’ Häuschen zusammenkalauern zu können; pro Kalauer sollten jeweils drei Euro fällig sein. Mit einer Bayreuthwilligkeit, wie sie sonst nur der Regisseur Schlingensief an den Tag legt, machte ich mich an die Arbeit – und siehe, die ersten drei Euro waren im Sack.

Ich setzte an zum Quantensprung von Agadir und ließ nichts mehr aus. Niemals würde ich die Flinte in den Doppelkorn werfen, erklärte ich – und zahlte ein. In der Irischen See stehend nannte ich mich Ussama Bin Baden und setzte noch einen drauf: „U sama denn hier gelandet?“, rief ich, erklärte rundheraus: Das Auge friert mit, warf mich dennoch ins Meer und schwärmte unverzüglich von der herrlichen Marlon Brandung – federleicht waren zwölf Euro gewonnen, die Sache ließ sich gut an.

Beim Sardellenessen bezichtigte ich mich, ein Anchovinist zu sein, gelobte aber Besserung: Bald schon wäre ich ein Gatte macchiato. Au-a, das tat schon sehr weh, mir selbst übrigens am meisten, auch wenn mir das keiner glauben wollte, aber ich hatte, mit Asterix gesprochen, einen Kessel zu füllen.

So bewunderte ich im Zoo lauthals eine Herde Dalai Lamas, empfahl dem deutschen Literaturbetrieb einen Herzstrittmatter und bestellte mir einen strammen Hacks. Im Fahrstuhl eines Dubliner Hotels behauptete ich felsenfest, der Buchstabe G stehe nicht für Ground Floor, sondern für Gerdgeschoss – womit ohne Zweifel ein Tiefpunkt erreicht war, in jeder Hinsicht.

Für die Olympischen Spiele ersann ich eine neue Disziplin: Fiskuswerfen. Das immerhin wurde mit Freuden aufgenommen – wer würfe nicht gern die Schergen Hans Eichels und Wolfgang Clements so weit von sich wie möglich? Bei Verhandlungen mit dem Reclam Verlag gelang mir der Durchbruch als Übersetzer: Reclam, sprach ich, heiße auf deutsch: wieder klamm. Der Witz stieß indes nicht auf Gegenliebe – gut möglich, dass diese drei Euro mich teuer zu stehen kommen, aber mit so etwas muss man rechnen, das kann schon mal vorpommern.