fern vom zeus
: Sogar gedopt habe ich

Körperliche Anlagen für eine große Karriere fehlten nicht. Aber Tretrollerfahren und elegante Wendekünste waren zu wenig

Bei allem Irrsinn, der im Leistungssport vorherrscht, muss es doch ein erhabener Moment sein, in einem voll besetzten Stadion die Sportskanone zu geben und als Sieger eine frenetisch gefeierte Ehrenrunde zu drehen, wie man es jetzt wieder allenthalben erleben kann. Und ich gebe zu: Die unberüttelbare Gewissheit, dass mir so ein triumphaler Augenblick nicht mehr blühen wird, lässt mich zuweilen ein wenig Trübsal blasen und mich fragen: Was ist in meinem Leben schief gelaufen? Warum hat es nie zum Olympiasieg gereicht?

Dabei verfügte ich von meinen körperlichen Anlagen her über eine respektable Konstitution, wie sich schon im Vorschulalter zeigte. Wie sonst konnte ich bei den Tretrollerwettfahrten rund ums gut 2.000 Meter lange straßenheimatliche Karree stets der Schnellste sein – und zwar ohne vor Anstrengung kotzen zu müssen, wie es meinem härtesten Konkurrenten Axel Bohle passierte? In welche Richtung wäre mein Leben verlaufen, wenn das Tretrollerfahren den Rang einer olympischen Disziplin innehätte? Dass sich in meiner Schulzeit das zuständige Personal davor drückte, mich auch in den klassischen olympischen Sportarten zu unterweisen, kann ich nicht behaupten. Im Gegenteil. Das Angebot an fachkundiger Leibesertüchtigung war äußerst mannigfaltig. Vom olympischen Geist wurde ich dennoch nicht geküsst. Dabei habe ich einmal sogar verspüren dürfen, was es heißt, ganz oben auf einem Siegerpodest zu stehen, wenn auch nur deshalb, weil ich als einziger in der 50-Meter-Brust-Konkurrenz der Bielefelder Schulschwimmmeisterschaften die 25-Meter-Wende korrekt ausgeführt hatte. Meine um Längen schnelleren Kontrahenten wurden allesamt disqualifiziert.

Selbst in eine so bizarre olympische Disziplin wie den Hockeysport wurde ich eingeführt. Als circa 13-Jähriger habe ich den Stecken geführt und sogar einmal an einem Turnier teilgenommen. Wir schieden allerdings bereits in der Vorrunde aus, mussten aber der sportlichen Fairness halber das Ende des Turniers aussitzen. Diese ellenlange Zeit vertrieben wir uns u. a. damit, dass wir ein Kondom über einen Brausekopf im Duschraum der Jungsumkleide zogen und ihn voll Wasser laufen ließen. Unaustreibbar ist mir seitdem das Bild eines auf zwei Meter ausgedehnten Präsers ins Hirn gebrannt. Einen Hockeyschlegel habe ich danach nie wieder angefasst.

Dass ich dem Judo nach nur wenigen Übungseinheiten entsagte, ist ganz klar den eklig stinkenden Judomatten zuzuschreiben. Schleierhaft allerdings, warum mich nicht mal eine frühe erste positive Doping-Erfahrung zu olympischen Taten anstacheln konnte: Zwei Codein-Tabletten, die mir vor einer Mathearbeit mein asthmakranker Freund Andi verabreichte, brachten mir bereits mit 15 die Erkenntnis einer vorher nicht für möglich gehaltenen Konzentrations- und Leistungssteigerung. Zu Gold habe ich diese Erfahrung allerdings nicht gemacht. FRITZ TIETZ