Sicherheit bringt wieder Profit

Die Versicherungswirtschaft hat die Trendwende geschafft und verdient wiederkräftig Geld. Hoffnung auf einen Boom der Lebensversicherungen, Angst vor Hartz IV

HAMBURG taz ■ Vorbei ist die bittere Zeit der Verluste. Nach einem schmerzlichen Jahr 2003 schreibt die Versicherungswirtschaft wieder schwarze Zahlen. Auch die deutsche Axa meldete gestern ein Einnahmeplus und sinkende Kosten. Axa-Boss Claus-Michael Dill spricht von einer „Trendwende“. Noch besser als der Nummer vier geht es den Top 3: Allianz, Ergo und AMB melden für das erste Halbjahr starkes Wachstum. Bis Silvester soll das Geschäft noch besser laufen.

Für das Geschäftsjahr 2003 musste der Allianz-Konzern noch das zweitschlechteste Ergebnis seit 1890 melden, und die weltgrößte Rückversicherung, die Münchener Rück, beklagte sogar das erste Minus in ihrer Geschichte. In diesem Jahr läuft die Börse ein wenig freundlicher und Aktien sind nicht mehr so dominant. So senkte Axa den Anteil von Aktien an seinen Kapitalanlagen über 35 Milliarden Euro von 17,4 auf 12,5 Prozent. In der Krise wurden Kosten gedrückt: Bei Axa seit Januar nochmals um fünf Prozent. Eingespart werden auch Jobs, beispielsweise 629 bei Axa, 1.070 bei AMB und 4.360 bei der Allianz. Gestopft wurde auch das Verlustloch „Bank“. Die genesene Hypo-Vereinsbank belastet nicht mehr die Münchener Rück und die Allianz freut sich über die ersten bilanzierten Gewinne ihrer „Tochter“ Dresdner Bank.

Die Branche erlebt einen Aufschwung beim Vertrieb von Lebensversicherungen, der sich bis Silvester steigern soll. „Wir erwarten eine höhere Nachfrage“, so ein Axa-Sprecher bescheiden, und die Allianz hofft klar auf eine „Nachfragewelle“. Etwa 70 Milliarden Euro könnte die Versicherungswirtschaft 2004 mit Lebensversicherungen einspielen, jeder zweite Beitragseuro, den die Assekuranz kassiert. Die Bundesregierung hat das Steuerprivileg zum 1.1.2005 aufgekündigt. Für Erträge aus neuen Policen müssen zukünftig, wie für andere Geldanlagen auch, Steuern bezahlt werden. Die Kehrseite werden die Vertreter ab Januar zu spüren bekommen, wenn die Subvention verschwunden ist. Beim Versicherungsverband GDV bleibt man jedoch optimistisch, und die Strategen in den Zentralen setzen sogar auf den Rückzug des Staates – aus der Altersvorsorge. Besonders hofft man auf private Renten in Deutschland, Frankreich und Italien, wo die „deutschen“ Top 4 eine Hauptrolle spielen.

Eine Trendwende sieht die Beratungsfirma Mummert und Partner auch beim Geld-Ausgeben: „Die Unternehmen werden zunehmend investitionsfreudiger.“ Das Kapital fließe vor allem in IT-Lösungen, um Kundendaten effektiver zu nutzen, und in innovative Produkte, wie der „Wohnungsschutzbrief“, der Hilfe bei verstopftem Klo oder verschlossener Haustür verspricht.

Sorgen machen sich die Vertreter um Hartz IV. „Den Boom“, so verriet der oberste Versicherungsverkäufer, Michael Heinz, dem Handelsblatt, „wird uns Hartz IV heftig verhageln.“ Diesen Pessimismus weist der Versicherungsverband GDV gegenüber der taz zurück, schließlich seien wohl „eher weniger als mehr“ davon unmittelbar betroffen. Tatsächlich könnte die Versicherungsbranche von Hartz IV sogar noch profitieren. 13.000 Euro pro Person sind im Gegensatz zu anderen Finanzanlagen vor dem Zugriff durch das Ex-Arbeitsamt geschützt, und wer seine Lebensversicherung als „Riester-Rente“ tarnt, dessen ganzes Vermögen bleibt unangetastet.

HERMANNUS PFEIFFER