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Archiv-Artikel

Erster Toter von Köln identifiziert

Bei dem Toten, den die Feuerwehr in den Trümmern des Kölner Stadtarchivs fand, handelt es sich um den 17-jährigen Bäckerlehrling Kevin K. Verkehrsbetriebe und Baufirmen sollen schon länger von Grundwasserproblemen gewusst haben

AUS KÖLN PASCAL BEUCKER

Alles Hoffen war vergeblich. Am frühen Sonntagmorgen bargen Rettungskräfte aus den Trümmern des eingestürzten Kölner Stadtarchivs und der benachbarten Wohnhäuser die Leiche des 17-jährigen Kevin K. Ein weiterer Mann wird noch vermisst.

Kevin K. sei anhand seiner Fingerabdrücke zweifelsfrei identifiziert worden, sagte Kriminaldirektor Tobias Clauer am Sonntag. Die Obduktion habe ergeben, dass der Bäckerlehrling „sofort“ während des Einsturzes am Dienstag vergangener Woche getötet worden sei. Er habe wahrscheinlich geschlafen.

Wie auch der noch vermisste Designstudent Khalil G. hatte Kevin K. im Dachgeschoss eines der Häuser gewohnt, das zusammen mit dem Stadtarchiv eingestürzt war. „Ich bin bestürzt über diese tragischen Ereignisse“, sagte Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma. Der Vorstandsvorsitzende der für den U-Bahn-Bau verantwortlichen Kölner Verkehrsbetriebe (KVB), Jürgen Fenske, äußerte „tiefe Betroffenheit“. Er wolle sich „unabhängig von haftungsrechtlichen Fragen“ für das „entschuldigen, was passiert ist“.

Unterdessen steht auch fast eine Woche nach dem schweren Unglück immer noch nicht fest, wie es zu der Katastrophe auf der Severinstraße kommen konnte. Als gesichert gilt bisher nur: Es bildete sich ein Erdkrater dadurch, dass plötzlich ein Gemisch aus Grundwasser und Erde in ein noch nicht fertiggestelltes unterirdisches Gleiswechselbauwerk der Nord-Süd-Stadtbahn floss. In diesen Erdkrater stürzte das sechsgeschossige Magazingebäude innerhalb weniger Minuten.

Unter Verweis auf die eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen will sich die KVB nicht zu möglichen Ursachen äußern. „Im Augenblick werden wir dazu keine Stellung beziehen“, sagte KVB-Chef Fenske. Wie Oberstaatsanwalt Günther Feld sagte, hat seine Behörde ein Ermittlungsverfahren wegen Baugefährdung, fahrlässiger Körperverletzung und nun auch fahrlässiger Tötung gegen unbekannt eingeleitet.

Laut Kölner Stadt-Anzeiger sollen die KVB und beteiligte Baufirmen schon länger von Grundwasserproblemen gewusst haben. In einem von drei in dem Bauabschnitt angelegten Brunnen habe sich der Wasserspiegel trotz Bemühungen nicht senken lassen. Es handle sich um den Brunnen, der dem eingestürzten Gebäude am nächsten liege. Das ständige Abpumpen des Grundwassers mit großer Leistung habe möglicherweise Sand und andere Erdteilchen weggeschwemmt. So könnten sich Hohlräume gebildet haben.

Nach Informationen, die der Fraktion Die Linke vorliegen, haben noch im Dezember 2008 Betriebs- und Wartungsarbeiten für die Grundwasserhaltung in der Baugrube Waidmarkt stattgefunden. Dabei sollen auch Tertiärbrunnen gebaut worden sein. „Es gehört zur Sorgfaltspflicht der mit den Arbeiten betrauten Unternehmen, der Öffentlichkeit darzustellen, wer was und wie in der Baugrube am Stadtarchiv gebaut hat“, forderte Fraktionsvorsitzende Jörg Detjen.

Experten sollen bereits Jahre vor dem Einsturz des Stadtarchivs „vermeidbare Auflockerungen und Hohlraumbildungen“ unter der Südstadt bemerkt haben. So berichtet der Spiegel über bislang unveröffentlichte Passagen eines Gutachtens des Wülfrather Ingenieurbüros Zorn vom Oktober 2004.

Zuvor hatte sich der Kirchturm der Gemeinde St. Johann, der auch an der Severinstraße steht, um 77 Zentimeter geneigt. Das Gutachten war von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben worden.

Die allerdings stellte ihr Ermittlungsverfahren seinerzeit allerdings kurz darauf „mangels hinreichenden Tatverdachts“ wieder ein.